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DAS SALZ IN DER SUPPE


Titel: a la carte
Hersteller: Moskitoverlag, München
Spieldauer: 20 - 30 Minuten
Spieler: 3 - 4, ab: 10
Kategorie: kulinar(r)isches Glücks- und Strategiespiel
Preis: ca. 300,-- ÖS
Bewertung: **** (sehr gut)

Es gibt Gourmets und solche, die es gerne wären! Der Unterschied zwischen beiden ist schnell beschrieben: Der echte Gourmet betrachtet nachdenklich die ihm vorgesetzte Suppe und begutachtet in ihr die Reflexe der untergehenden Sonne bevor er sie verzehrt. Er genießt mit allen Geschmackspapillen das perfekt arrangierte Zanderfilet, welches er nicht nur mit dem Mund sondern auch mit den Augen verkostet, um so das doppelte Vergnügen zu haben. Bei den "Möchtegern-Gourmets" spielt hingegen hauptsächlich der Preis und der Name eine Rolle: So ist die "Forelle provencale im Reisring" auf jeden Fall ein Erfolg, da der Name stimmt. Ebenso ist für diese Gruppe ein Wein schon durch sein Alter und seinen Preis superb und nicht durch das Erlebnis, dieses edle Getränk am Gaumen zu spüren. Doch beide Gruppen von Essern haben etwas gemeinsam: Sie genießen, wenn auch auf völlig verschiedene Art.

Neuerdings gibt es auch bei den Köchen zwei Kategorien: Die wahren und die "a la carte" Köche. Auch hier genießen beide Gruppen in vollen Zügen: Der wahre Koch erfreut sich an seinem geschaffenen Mahl und es gibt für ihn nichts Schöneres als wieder einmal ein perfektes Menü gekocht zu haben und dafür bewundert zu werden. Im Gegensatz dazu gibt es den "a la carte" Koch, der "brandneu" ist und nichts mehr schätzt, als dem Anderen das Essen zu verpfuschen. Er wurde von Karl Heinz Schmiel aus München geschaffen, der das Spiel "a la carte" als kulinar(r)ische Besonderheit erfunden hat.

In diesem Spiel müssen alle Teilnehmer versuchen, Gerichte nach Rezept zu kochen. Besondere Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Jeder Spieler erhält zu Beginn eine Kochplatte mit Kochtopf im Miniformat. Nun kann man sich unter den offen aufliegenden Rezeptkärtchen eines auswählen, das man versuchen möchte. Auf jedem Kärtchen ist auch vermerkt, wieviele Punkte ein Gericht bringt, beziehungsweise welche Gewürze und welche Kochstufe notwendig ist, um es fertig zu stellen. Der vorgeschlagene Speiseplan ist vielfältig und amüsant: Es gibt Gamsleber in süßer Sahne und Beinschinken in Heu gewendet, blutige Entenbrust auf Meeresalgen, Bücklinge mit Ei im Spinatmantel und viele andere einfache oder auch schwierigere Gerichte. Für Anhänger der bodenständige Küche empfiehlt sich das "Schnitzel von der Mietzl", für Jünger der novelle cusine ist das Kaffeewasser a la Beaucuse einen Versuch Wert, vor allem weil jeder Mensch schon einmal Kaffeewasser gekocht hat. Jedes Gericht muß auch gewürzt werden, dazu gibt es vier Gewürzfläschchen mit Holzklötzchen, die für Oregano, Paprika, Pfeffer und Zitrone stehen. Doch in allen Fläschchen befindet sich zusätzlich auch Salz, das beim Würzen immer wieder mit herausfällt. Normalerweise ist das durchaus zu verkraften, doch dürfen von keinem Gewürz mehr als zwei Stücke im Topf sein, sonst ist das Essen "versaut" und zählt als Minuspunkt. Gekocht wird mit den Würfelseiten 1 - 3, welche den Kochstufen am Herd entsprechen. Auf einer weiteren Seite steht ein "A" für Alle, was bedeutet, daß alle Herde um eine Kochstufe höhergedreht werden müssen. Die zwei restlichen Würfelseiten sind der Alptraum eines jeden Kochs: Das hier zu findende "W" steht für Würzen und besagt, daß man einem x-beliebigen Mitspieler irgend ein Gewürz in sein Essen "hauen" kann. Meist ist damit auch das Gericht verdorben. Aber es bestehen durchaus Chancen, den ungenießbaren "Fraß" wieder los zu werden, wenn man die Möglichkeit nützt, zu einem Kaffeekränzchen einzuladen: Denn dann kann man seine eigene Kochplatte mit den unrühmlichen Essensüberresten dem Nachbarn weitergeben und sich selbst vom anderen Nachbarn ein beinahe fertiges Gericht "organisieren". "A la carte" endet, wenn man vier geglückte Essen gekocht hat. Doch bis dahin ist ein weiter Weg! Denn die Freude der Gegner ist groß, wenn sie es wieder einmal geschafft haben, das Nilpferd in Burgunder mit vier Pfefferkörner zu vernichten oder aber die verlorenen Eier im Aspik in einer Überdosis Zitronensaft zu ertränken. Doch in diesem Spiel ist Rache nicht süß sondern oft sehr pikant: Auch drei Portionen Pfeffer sind durchaus in der Lage, die Zungenroulade auf Senf-Sabayon reif für den Müllkübel zu machen und dann lacht das Herz eines jeden "a la carte" Kochs, solange es nicht sein eigenes Gericht war. Der typische Gewinner benötigt eine Prise Glück mit 2 Teelöffeln Gehässigkeit und 2 Centilitern an Diplomatie, um nicht gleichzeitig den Haß aller Mitspieler auf sich zu ziehen. Wer aber einmal gewonnen hat, kann er für wenige Augenblicke das Gefühl genießen, in den Olymp der Köche aufgenommen worden zu sein, bis er bei der Revanche über vier Oreganokörner des Nachbarn stürzt.

Dieses Spiel, welches im Privatverlag vom Erfinder herausgebracht wurde, zeichnet sich durch eine völlig neue Idee aus und ist äußerst gelungen, auch wenn anfangs beinahe alle Spielteile noch vervollständigt werden müssen: Die Gewürzfläschchen und die Menükarten sind zu bekleben. Nach dieser Vorarbeit wirkt "a la carte" jedoch bis auf den handbemalten Würfel durchaus professionell. Besonders zu begrüßen ist an diesem Spiel auch die kleine Verpackung, die gerade ausreicht, um alle Teile zu fassen. So könnte bei "a la carte" mancher große Spieleverlag noch einiges dazulernen!

von Dr.Peter und Birgit Költringer

Verpackung:

5

Material:

4

Grafik:

4

Spielregel:

4

Originalität :

6

Spielreiz:

6


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.