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ACTIVITY, DIE ÖSTERREICHISCHE LÖSUNG!


Titel: Activity
Hersteller: Piatnik
Spieldauer: 30 - 50 Minuten
Spieler: 3 - 16, ab: 12
Kategorie: Kreativspiel
Erscheinungstermin: ca. April 1990
Preis: noch nicht festgelegt
Bewertung: **** (sehr gut)

Ein "gelernter Österreicher" ist gewohnt, Kompromisse zu schließen: Ob in der Politik, in der Wirtschaft oder aber im gesellschaftlichen Leben unsere Land hat es stets verstanden, nach dem Motto "Lasset uns wurschteln!" in einem Schmelztiegel all das unterzubringen, was vielen anderen undenkbar schien: Egal ob es sich um die Monarchie oder um die österreichische Küche handelte, das Resultat dieser Vereinigung von verschiedenen Dingen war oft erstaunlich, wenn auch nicht immer sehr haltbar. Wenn nun die einzelnen Komponenten hervorragend sind, bleibt doch die Frage offen, inwieweit auch das gemeinsame Resultat diesen Anforderungen entspricht. Man kann diese Überlegung zwar nicht mit einer generellen Antwort versehen, doch bei den Spieleneuheiten ist es gelungen, aus einzelnen hervorragenden Komponenten etwas zu machen, was schlichtweg ein "Spielehit" werden muß: Und wie könnte es anders sein, wenn es um das Zusammenbringen von verschiedenen Dingen geht, dieses Spiel mit dem Namen "Activity" ist ein österreichisches Spiel!

Activity wurde von einem Autorenteam entwickelt und man kann die Grundidee in wenigen Worten ähnlich einem Kochrezept zusammenfassen: Man nehme zu gleichen Teilen "Pictionary", "Dingsda" sowie "Charade" und mische das Ganze gut durch. Danach koche man es im Kreise von 3 bis 16 Spielern und verzehre es mit viel Genuß. Einzige sichere Nebenwirkung dieses Spieles: Eine schmerzhafte Bauchmuskulatur und dies vom vielen Lachen. In "Pictionary" müssen Begriffe gezeichnet werden, in Dingsda muß ein Wort umschrieben werden und in "Charade", einem alten Spiel aus dem angelsächsischen Raum, sind Begriffe mit Gesten darzustellen. Die "Österreichische Lösung" unter dem Namen "Activity" hat ein Spielfeld, welches in mehrere Abschnitte unterteilt ist. Mit seinem Spielstein muß man über diese einzelnen Abschnitte fahren: In Abhängigkeit vom Bereich auf dem Spielbrett sind Begriffe zu zeichnen, zu umschreiben oder als Pantomime innerhalb einer bestimmten Zeit, welche durch eine Sanduhr definiert ist, darzustellen. Sieger ist am Ende derjenige, welcher am schnellsten mit seinem Spielstein bis zum Ziel vorgedrungen ist. Um diese Spielegebräu noch zu würzen gibt es aber auch noch zwei saftige Gewürze: Ergänzend zu diesen drei Ratekategorien finden sich auf den Kärtchen mit den Begriffen auch Wortketten und Reime, die von den Teilnehmern zu vervollständigen sind.

Diese kurze Beschreibung des Spieles mag vielleicht etwas trocken wirken, doch "Activity" hat es in sich: Sind sie in der Lage einen Schwanengesang zu zeichnen? Meist passen die zeichnerischen Ergüsse eher auf einen Flohmarkt oder in ein Gruselkabinett. Einen Schwan schafft man unter Umständen ja noch aber den Gesang eines Schwanes wohl eher kaum. Oder wer von uns kann schon ein Zittergras darstellen? Es genügt sicher nicht, ein imaginäres Gras aus einem Blumentopf zu rupfen, es scheinbar zu kauen und dann mit der "Zitterei" zu beginnen: Statt auf Zittergras kamen wir auf Antworten wie Schüttellähmung, Vergiftung oder Geistesgestörter (Damit war niemand persönlich gemeint!). Auch die Darstellung eines Mistkäfers wirft ernsthafte Probleme auf: So mancher rollt sich zwar am Boden zusammen und kriecht über oder unter den Teppich, doch auch hier sind die Lösungsvorschläge sehr variabel: Von Schildkröte bis Staubsauger reicht die Palette der Antworten. Oder wer beherrscht schon die Pantomime eines Leichenschmauses. Man kommt hier auf Begriffe wie "Freßgelage" oder "Menschenfresser" doch kaum jemand ist fähig, in Einem eine Leiche und die danach eifrig jausnenden traurigen Angehörigen darzustellen. Diese Serie von Beispielen ließe sich beinahe unbegrenzt fortsetzen.

"Activity" ist sicherlich eine der gelungensten Neuvorstellungen des heurigen Jahres. Über 3000 verschiedene Begriffe ermöglichen immer neue Varianten. Auch die Ausführung der Spielkarten ist hervorragend, lediglich die Verpackung und das Spielbrett könnten etwas besser ausgeführt sein, vor allem auch deshalb, weil dieses Spiel mit Sicherheit sehr oft benützt werden wird und dann eine stabilere Ausführung bestimmt sehr positiv wäre. Das wesentlichste Element in "Activity" ist wohl die Überwindung der eigenen Scheu, etwas zu zeichnen, zu beschreiben oder darzustellen. Die Pantomime braucht sicherlich am meisten Energie, doch führt sie auch zu den besten Situationen im ganzen Spiel. Wer einmal einen Teilnehmer gesehen hat, der plötzlich aufspringt, seinen rechten Schuh auszieht und wie verrückt auf an seinen Zehen zerrt in der Hoffnung, daß ihn irgendwer aus der Runde doch richtig versteht, weiß welche Komik in der Pantomime zu finden ist. Ob einer der Ratenden jedoch erkennt, daß hier ein Spreizfuß dargestellt wird, ist nicht so sicher. Falls Ihnen jedenfalls in den nächsten Monaten Leuten begegnen sollten, die sich vielleicht etwas merkwürdig verhalten, denken Sie bitte nichts Falsches! Wer über den Gehsteig kriecht und seine beiden Zeigefinger vom Kopf wegstreckt, übt wahrscheinlich nur die Darstellung einer Schnecke. Es empfiehlt sich, diesem dahinkriechenden Menschen nachzugehen, denn mit ziemlicher Sicherheit besitzt er ein österreichisches Spiel, das von der Idee her eindeutig preisverdächtig ist!

von Dr.Peter und Birgit Költringer


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.