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ADEL VERPFLICHTET - Blaublütig-spleenige Hobbies im

Vormarsch!

Wer einmal in den Illustrierten, die von der "großen Welt" berichten, blättert, findet dort so ziemlich alles, was in den ehrwürdigen Adelshäusern unseres Kontinents passiert ist, nicht passiert ist, erfunden wurde, vergessen wurde oder vielleicht irgend einmal passieren könnte. Eines haben all diese Meldungen gemeinsam: Man bekommt den Eindruck, daß der "Spleen" das Leben dieser "High society" prägt. Ob dies nun stimmt oder nicht, sei dahingestellt, wichtig ist, daß man über irgend etwas schreiben kann und es ist beinahe schon ein psychologisches Gesetz, (richtigerweise vielleicht auch ein "psychiatrisches" Gesetz) daß die Absurdheit von Meldungen in enger Korrelation zu der Größe der Leserschaft steht. Vor fast vier Jahren hat sich einer der heute prominentesten Spielautoren des deutschen Sprachraumes, Klaus Teuber dieser anscheinend besonderen Spezies von Mensch, dem sogenannten "Homo aristocraticus" angenommen und ein Spiel kreiert, das auf Anhieb Spiel des Jahres wurde. Auch heute noch erfreut es sich ungebrochener Popularität.

In "Adel verpflichtet" schlüpft jeder Mitspieler in die Rolle eines merkwürdigen Lords und hat durchwegs extravagante Sammelhobbies auszuüben: Die verrücktesten Dinge werden da von jedem zusammengetragen und jeder versucht, mit Ausstellungen und Sammelobjekten den anderen noch zu übertrumpfen. Die Unikate sind auf Ausstellungskarten dargestellt: Ob Jonny Weissmüllers Lendenschurz oder eine italienische Frauenschandmaske aus dem Jahr 1468, alles ist zu haben. Mit einem Spielstein kann nun jeder Lord entweder Gegenstände ersteigern oder aber auch Ausstellungen machen, wenn er bereits mehrere ähnliche Objekte besitzt. Doch es ist - wie es sich für spleenige Persönlichkeiten gehört - auch möglich, seine Gegenstände mit etwas weniger anständigen Methoden zu erwerben: Man heuert sich dafür einfach einen Dieb an, der den Kollegen bestiehlt. Wenn sich der blaublütige Gegner nicht gerade gleichzeitig einen Detektiv besorgt hat, kann man auf diese Weise sehr preiswert seine Sammlung erweitern. Wer sich schließlich eine tolle Kollektion ausgefallener Objekte erworben hat, darf diese ausstellen und erhält dafür Punkte, mit denen man seinen Spielstein Richtung Ziel bewegen kann. Sieger ist am Ende derjenige, welcher die größte und schönste Ausstellung besitzt und gleichzeitig auch am schnellsten ins Ziel gekommen ist.

Alle angeführten Aktionen, egal ob Versteigerung, Ausstellung, Diebe oder Detektive werden mit Aktionskarten durchgeführt. Da jedoch in jeder Runde alle Teilnehmer gleichzeitig ihre Aktionskarten aufschlagen, weiß man vom Nachbarn nie, was er gerade im Sinn führt: Vielleicht will er gerade Andy Warhols Brille klauen oder aber eine Schokoladenreklame aus dem Jahre 1905 ersteigern. So kann es auch passieren, daß in einer Runde lauter Diebe auftauchen, obwohl es gar nichts zu stehlen gibt oder aber daß jeder Spieler seinen Detektiv schickt und es gar keinen Dieb gibt.

"Adel verpflichtet" ist ein Spiel mit sehr vielen Möglichkeiten, das besonders durch den ständigen Wechsel zwischen Taktik und Bluff reizt. Klarerweise mutet daher auch die Spielanleitung anfangs etwas kompliziert an, doch man muß einfach einmal eine Runde versuchen und wird mit Begeisterung in eine spleenige Welt eintauchen, die in dieser Form sicherlich nur auf dem Spielplan und in Illustrierten existiert.

 

ADEL VERPFLICHTET:

Titel

Adel verpflichtet

Hersteller

FX Schmidt

Erfinder

Klaus Teuber

Design

C. v. Seidlein

Spieldauer

30 - 60 Minuten

Spieler

2 - 5, ab 12 Jahre

Kategorie

Taktik-/Bluffspiel

Preis

ca. 380,-- ÖS

Bewertung:

Idee

6

Regelgestaltung

6

Ausführung

6

Verarbeitung

6


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.