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LASSEN SIE IHRE GRAUEN ZELLEN ARBEITEN


Titel: Black Vienna
Hersteller: Franckh-Kosmos
Spieldauer: 30 - 60 Minuten
Spieler: 3 - 6, ab: 10
Kategorie: Karten-Ermittlungsspiel
Preis: ca. 275,-- ÖS
Bewertung: **** (sehr gut)

Großstädte waren von jeher Anziehungspunkt für viele Menschen. Nicht nur die Chance, höhere Verdienstmöglichkeiten zu finden sondern auch der Wunsch nach besseren Berufsaussichten führten schon im alten Rom zu einer Bevölkerungsansammlung, welche alles beinhaltete, was die menschliche Gesellschaft an Großartigem und auch Kriminellen hervorbringen konnte. Seit der damaligen Zeit hat sich sehr wenig geändert. Die Furcht vor dem Bösen und Kriminellen ist zwar heute vielerorts nicht mehr so akut wie früher, doch ganz plötzlich zeigt irgendwo wieder ein Verbrechen die ganze Hilflosigkeit und die unbewußte Angst in der Bevölkerung. Es ist daher auch kein Wunder, daß die Popularität von Detektiven ungebrochen ist. Diese Herrn, welche ihre "kleinen grauen Zellen" in perfekter Weise arbeiten lassen und dadurch zu Kombinationen und Lösungen kommen, die oftmals scheinbar an Hellseherei grenzen, besitzen nach wie großes Ansehen. Die Kriminalliteratur trägt dem voll Rechnung, wenn man an Personen wie Sherlock Holmes, Miss Marple oder Hercule Poirot denkt. Doch wer von uns hat sich nicht auch schon einmal gewünscht, durch logisches Kombinieren selbst in den Himmel der Detekive aufgenommen zu werden? Auch wenn dies in der Realität nur wenige schaffen können und dann meist nicht so ausführlich über sie berichtet wird wie zum Beispiel über den Kollegen Holmes, gibt es eine Möglichkeit, Meisterdetektiv zu werden, zumindest für einen Spielabend lang. Das Detektivspiel "Black Vienna" von Gilbert Obermaier ermöglicht Ihnen diesen geistigen Höhenflug. Die Handlung spielt im Wien der Nachkriegsjahre, wo eine Bande von drei Kriminellen die gesamte Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Doch in diesem Spiel erfolgt die Auswahl der drei "Typen" nicht durch die Unterwelt oder durch das Vorstrafenregister sondern durch Zufall: Aus insgesamt siebenundzwanzig Personen mit unterschiedlichen Anfangsbuchstaben werden drei verdeckt gezogen und als die Verbrecher der Bande "Black Vienna" beiseite gelegt. Die restlichen Personen werden auf die Mitspieler verteilt. Nun kann sich jeder als Detektiv betätigen und mit vorhandenen Ermittlungskarten nach verschiedenen Personen fragen. Wenn der jeweils befragte Mitspieler eine oder mehrere Personenkarten hat, teilt er dies mit der entsprechenden Anzahl an Jetons mit, jedoch ohne Namen zu nennen. Erst durch Kombination von verschiedenen Antworten auf verschiedene Ermittlungskarten, in denen mehrmals nach den selben Personen gefragt wurde, kann man mittels logischer Kombinationen herausbekommen, wer von den einzelnen Mitspielern welche Personen hat. Zwangsläufig müssen die drei Gangster übrig bleiben, die zu Beginn des Spieles für ihre zweifelhafte Karriere auserwählt und beiseite gelegt worden waren. Doch was hier so einfach klingt, ist in Wirklichkeit sehr schwer. Denn wenn ein Detektiv drei Personen namens Dr.Xander, von Beruf Psychoanalytiker, Frau Yvonne Yürük, eine Schönheitstänzerin und Burgschauspieler Quirin Quadbeck nicht hat, die beiden anderen Detektive aber jeweils nur einen haben, können zwar Psychoanalytiker, Burgschauspieler und Schönheitstänzerin nicht in einer Hand sein, doch welcher von den dreien gehört nun zur Bande "Black Vienna" und liegt verdeckt am Tisch? Auch die nachfolgende Frage, ob Hofrat Öftering bei Dr.Winkelmann in der Wohnung speist und Major Iwanowitsch unangemeldet hereinplatzt, führt auf Anhieb lediglich zu einer Vermehrung dieses professionellen Chaos. Doch nach einigen Runden kommen die ersten klärenden Antworten, sodaß man mit der Zeit aus dem Durcheinander von 27 Personen doch viele Personen zuordnen kann. Gewonnen hat verständlicherweise der Detektiv, der als Erster alle drei Gauner ermittelt hat, doch dies gelingt nicht immer, oft ist man schon ganz stolz, wenn man zwei der drei Ganoven erkannt hat.

Black Vienna ist ein hervorragendes Denkspiel. Es ist rundum gelungen, vor allem ist auch die Verpackung lobend hervorzuheben, da sie wie ein Buch ausgeführt ist und somit in jedes Bücherregal gestellt werden kann. Lediglich die Qualität des Kartenmateriales könnte besser sein, doch wir befinden uns ja im Wien der Nachkriegsjahre, wo die Kartonqualität noch nicht so einen hohen Standard erreicht hatte. Es ist kaum möglich, von diesem Spiel nicht begeistert zu sein und es bestehen auch keine Chancen, daß sich eine Kombination wiederholt. Die Spannung ist stets garantiert. Durchwegs herrscht eine eigenartige, knisternde Stimmung während dieses Spieles, denn jeder möchte der Superdetektiv sein und jeder möchte möglichst früh die Gangster entlarven, doch wer sich in Spekulationen ergeht, hat von vornherein verloren. Für alle diejenigen, welche während des ersten "Black Vienna" am Verzweifeln sind, gibt es einen abschließenden Trost, auch wenn er nur sehr klein ist: Bei einigen Personen wissen Sie mit Sicherheit, daß Sie nicht zu den Ganoven gehören: Das sind diejenigen, welche Sie in Ihren eigenen Händen halten!

von Dr.Peter und Birgit Költringer


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.