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DR. FAUST - Habe nun ach auch dieses Spiel probiert......!


Zeitgemäße Themen in Spiele einzubinden, ist nichts Neues. Vor allem hat es sich bewährt, hierfür Material zu wählen, welches in anderen Sparten bereits einen Kassenschlager darstellt. Nicht umsonst tummeln sich daher Walt Disney, Asterix und Krimifiguren in der Spieleszene. Die Idee, auf einen Klassiker der Literatur zurückzugreifen, erscheint hingegen eher ungewöhnlich. Das vorliegende Spiel unter dem Titel "Dr. Faust" tut dies und das sogar in einer recht interessanten Weise.

Prinzipiell ist in diesem Zweipersonenspiel jeder Teilnehmer Mephisto und das ist wohl wieder einmal ein Hinweis, daß inflationäre Zustände selbst vor der Hölle nicht haltmachen: Denn Goethe kam noch mit einem Mephisto aus, dieses Spiel hingegen benötigt schon zwei, die gegeneinander spielen. Jeder Mephisto bemüht sich um die Seele von Faust, symbolisiert durch eine Seelenpyramide. Die Seele wird dabei in Form von Seelenkarten erobert, die Aktien ähnlich zum Besitz eines Teiles von Dr. Fausts Seele berechtigen. Die eigentliche Jagd nach der ersehnten Seele findet nicht im Studierzimmer des Gelehrten sondern auf einem Spielplan mit zwei langen Bahnen statt, auf denen pro diabolischem Mitspieler je zwei Teufelssteine und insgesamt eine Seelenpyramide im Uhrzeigersinn bewegt werden können. Alle Teufelssteine stehen zu Beginn in großer Distanz zu Fausts Seelenpyramide auf einem gemeinsamen Startfeld. Wer an der Reihe ist kann seine Teufelssteine und auch die Seelenpyramide beliebig weit über die Felder bewegen, wobei insgesamt genau sieben Punkte pro Zug verbraucht werden müssen. Zusätzlich hat jeder Mephisto auch noch 8 Teufelskarten in der Hand, die den eigentlichen Pferdefuß des höllischen Unternehmens darstellen. Statt den siebenten von den sieben Punkten zu fahren, kann man nämlich eine Karte neben ein bestimmtes Feld am Spielplan legen und damit den gegnerischen nächsten Zug unter Umständen beeinflussen: Wenn ein Teufelsstein des Kontrahenten auf diesem Feld landet, muß entsprechend der Anweisung auf der jeweiligen Teufelskarte der soeben gesetzte Stein ein oder mehrere Punkte vor- oder zurückversetzt werden. Dies ist besonders dann interessant, wenn die Gefahr besteht, daß der gegnerische Mephisto im nächsten Zug die Seelenpyramide erreichen könnte. Denn wem dies gelingt, der erhält vom Stapel eine Seelenkarte. Diese ist umso wertvoller, je weiter das Spiel fortgeschritten ist, denn alle Karten sind punktemäßig in aufsteigender Reihenfolge sortiert. Wie entsprechend der Literaturvorlage nicht anders zu erwarten, gewinnt am Ende derjenige mit dem größten Anteil an Fausts Seele, also mit den meisten Punkten auf den Seelenkarten.

"Dr. Faust" ist aus zwei Vorgängerspielen entstanden, welche wieder einmal aufzeigen, wie sich so manche Spieleidee im Laufe der Zeit verändert: 1988 erschien das Spiel erstmals als "Rufus": Statt zweier Mephistos auf Seelenjagd, befand sich damals Reineke Fuchs auf Schnitzeljagd. Zwei Jahre später wurde daraus ein Spiel, das es aber nur zum Prototyp unter dem Namen "Mr. Chips!" brachte. Auch hier hatte Dr. Faust weder mit noch ohne Seele etwas zu vermelden. Erst im vergangenen Jahr tauchte die literarische Vorlage in der heutigen Form auf. Der Spielmechanismus blieb dabei im Vergleich zu den Vorläufern im wesentlichen unverändert.

"Dr. Faust" ist ein sehr schönes Spiel: Die Teufelssteine aus rotem und blauem Glas sowie auch die durchscheinende Pyramide, welche die Seele symbolisiert, sind ein wahrer Genuß zum Betrachten und Anfassen. Bleibt nur noch die Spielanleitung zu erwähnen, welche nur so strotzt von Faustzitaten. Somit wird wohl auch der diabolischste unter den Germanisten zufriedengestellt.

DR. FAUST:

Titel

Dr. Faust

Hersteller

Blatz-Spiele

Erfinder

Reinhold Wittig

Design

Klaus Albrecht

Spieldauer

20 - 40 Minuten

Spieler

2, ab 12 Jahre

Kategorie

Taktik

Preis

ca. 450,-- ÖS

Bewertung:

Idee

5

Regelgestaltung

6

Ausführung

6

Verarbeitung

6


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.