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VON ODYSSEUS ZUM SPANISCHEN HOCHADEL: EL

GRANDE

Im Jahre 1991 kam dem Spieleautor Richard Ulrich eine Idee: Er kreierte ein Spiel mit dem Namen "Odysseus", das im alten Troja spielte. Dabei wurden Figuren im trojanischen Pferd versteckt und danach über die einzelnen Stadtbezirke zum Kampf verteilt. Das Thema und auch seine Umsetzung erschienen spannend, sodaß der Autor einen Prototyp bastelte und diesen einem großen Spieleverlag anbot, von dem er lange nichts hörte. Besonders enttäuscht war er aber, als im Jahre 1992/93 von Jumbo ein Spiel unter dem Titel "Das trojanische Pferd" vorgestellt wurde, bei dem Alex Randolph als Erfinder angeführt wurde. Sein eigenes Spiel erhielt er danach jedenfalls zurück.

Solche Fälle sind in der Spielbranche kein Einzelfall, doch in den meisten Fällen bleibt dabei Odysseus und sein Pferd für immer in der Schublade des vergrämten Erfinders. Doch diesmal geschah etwas Anderes: Gemeinsam mit Wolfgang Kramer, einen der meistgekrönten Spielautoren des letzten Jahrzehnts, ging Ulrich an die Weiterentwicklung, da man beschlossen hatte, die Grundidee nicht sterben zu lassen. Aus Odysseus und dem Trojanischen Pferd wurde die Zitadelle und ihr Kommandeur. In dieser Version erhielt nun der Auslandsösterreicher Bernd Brunnhofer, der seit Jahren den kleinen aber umso feineren "Hans im Glück"-Verlag in München betreibt, das Spiel zu Gesicht. Es gefiel und erfuhr eine neuerliche Überarbeitung, die sich vor allem auf die Geographie der Handlung auswirkte: Das Thema war nun ins mittelalterlichen Spanien verlegt worden. Dabei wurden aus dem Kommandeur der "Grande" und aus der Zitadelle das Castillo. Doch hier ist die Geschichte noch nicht aus, denn nun endlich bekam die Idee die Anerkennung, die wir seinen Autoren wirklich gönnen: Es wurde zum Spiel des Jahres 1996.

Auf einer mittelalterlichen, detailreichen und kunstvoll ausgestalteten Karte Spaniens kämpft der spanische Hochadel in Gestalt von maximal fünf Granden mit ihren Lehnsmännern, den Caballeros um Macht und Einfluß. Der Spielablauf wird von Aktionskarten gesteuert, welche in fünf Stößen neben dem Spielbrett aufgelegt sind. Pro Spielrunde liegen die 5 obersten Karten offen auf. Mit ihnen können verschiedene Aktionen durchgeführt werden: So kann man zusätzliche Caballeros einsetzten, eine Region von gegnerischen Figuren befreien, eigene oder fremde Caballeros verschieben oder Konkurrenten gleich um mehrere Lehnsmänner schwächen. Auch dürfen eigene Caballeros in das Castillo gebracht werden, wo sie auf Sondereinsätze warten. Bei diesen sogenannten "Geheimaktionen" kann man sie dann nämlich unbemerkt in eine Region entsenden und auf diese Weise die "Eingeborenen" dort überwältigen.

Zu Beginn des Spieles hat man nur 10 Caballeros zur Verfügung, der Rest wartet in der Schachtel auf seinen Einsatz. Mittels Machtkarten, die ausgespielt werden und Werte zwischen 1 und 13 besitzten, kann man sich Nachschub besorgen. Gleichzeitig aber wird durch ihren Wert auch entschieden, wer als erster, zweiter oder dritter eine der offen liegenden Aktionskarten nehmen darf. Nach drei, sechs und eventuell auch nach neun Runden gibt es eine Punkteabrechnung, bei denen auch Zusatzpunkte vergeben werden können. Dazwischen gibt es noch alles Mögliche an Intrige, Gemeinheiten und politischem Getümmel.

"El Grande" ist ein spannendes Familienspiel, das anfangs etwas kompliziert erscheint. Vor allem bereitet es etwas Mühe, alle Karten zu lesen, doch das geschieht in der ersten Partie, die dementsprechend meist etwas länger ausfällt. Danach ist vom Ablauf her alles klar und alle Granden begeistern sich am ständigen Überlegen und Taktieren, wie man am besten die Oberherrschaft im alten Spanien erringen könnte.

Birgit und Peter Költringer

EL GRANDE:

Titel

El Grande

Hersteller

Hans im Glück Verlag

Erfinder

Wolfgang Kramer, Richard Ulrich

Design

Doris Matthäus

Spieldauer

60 - 90 Minuten

Spieler

2 - 5, ab 12 Jahren

Kategorie

taktisches Familienspiel

Preis

ca. 670,-- ÖS

Bewertung:

Idee

6

Regelgestaltung

6

Ausführung

6

Verarbeitung

6


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.