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Mit Schlemmern und Schluckern quer durch Europa


Titel: Europa a la Carte
Hersteller: Klee Edition
Erfinder: Klee Edition/ Gräfe und Unzer
Design: Klee Edition
Spieldauer: 30 - 40 Minuten
Spieler: 2 - 5, ab: 10
Kategorie: Reisespiel
Preis: ca. 500,-- ÖS

Reisespiele gibt es seit beinahe hundert Jahren. Ob nun als Fortbewegungsmittel die Dampflokomotive, die Postkutsche, das Pferd, das Auto oder das Flugzeug in Frage kommt, ist im Prinzip völlig gleichgültig. Wesentlich dabei ist lediglich, daß man in möglichst kurzer Zeit an möglichst viele Orte kommt und dort möglichst viele Fragen beantwortet. Und um das Maß an "Möglichsten" voll zu machen, soll man am Ende noch möglichst viel an Chips, Karten oder sonstigen Erfolgssymbolen sein Eigen nennen. Man könnte nun annehmen, daß bei diesen Grundvoraussetzungen für ein Spiel, welches sich mit dem Reisen beschäftigt, nichts mehr an Neuigkeiten zu erwarten wäre, doch seit einiger Zeit gibt es eine rühmliche Ausnahme: "Europa a la Carte" ist zwar ebenfalls ein Reisespiel, doch es kommt dabei nicht auf die Beantwortung von Fragen an, sondern man hat sich als Mitspieler einer ungemein anregenden Tätigkeit zu verschreiben: Dem Essen in Gourmetlokalen in ganz Europa.

Der Spielplan besteht aus einer Landkarte unseres Kontinents, auf dem die Orte mit den entsprechenden Feinschmeckerlokalen eingezeichnet sind. Zu Beginn werden die Mitspieler in zwei Kategorien unterteilt: Einerseits gibt es "Schlemmer", die von einem kulinarischen Hochgenuß zum anderen schweben und andererseits existieren auch "arme Schlucker", welche bestenfalls von Brotkrumen leben dürfen oder vielleicht einmal als Tellerwäscher einen der "Gaumentempel" von Innen kennenlernen können. Jeder Mitspieler, egal ob er auf die "Kräuterbutterseite" oder auf die "Abfallkübelseite" des Spielerlebens gefallen ist, darf pro Runde mit Auto, Eisenbahn, Schiff und Flugzeug fahren und auf diese Weise im Laufe der Zeit die ganze Liste an Gourmetlokalen besuchen, wobei er für jedes feudale Mahl auch Schlemmersterne und Gourmetzertifikate erhält. Der arme Schlucker kann zwar auch zu diesen Lokalen reisen, doch sein einziges "Amuse geule" bleibt die Hoffnung, dort einen reichen Schlemmer zu treffen: Denn dann hat seine große Stunde geschlagen: Er entreißt dem kulinarischen Günstling sein Besteck inklusive Serviette, Pfeife und Aperitif und wird nun selbst zum Liebling der kulinarischen Götter. Der ehemalige "Bonvivant" wird hingegen zum neuen armen Schlucker. Gewonnen hat schließlich derjenige, der zuerst fünf Gourmetzertifikate besitzt.

So ist "Europa a la carte" als neue Variante der altbekannten Reisespiele anzusehen und auch mit dem Material und der Verpackung kann man im Wesentlichen zufrieden sein; ein Kochbuch, welches pro Gourmetort ein Rezept beinhaltet, ist zwar recht nett anzusehen, stellt aber in Wirklichkeit keine echte Bereicherung dar. Ähnliches läßt sich leider auch von der Spielanleitung sagen: Wäre sie handgeschrieben, könnte man sie durchaus mit so mancher Speisekarte eines Gourmetlokales verwechseln, denn hier wie dort gibt es große Verständigungsprobleme und ein erläuternder "Maitre d'hotel" wäre wirklich sehr hilfreich. Wer jedoch diese Klippe hinter sich gebracht hat, kann zufrieden sein: Denn "Europa a la Carte" zeigt sich dann als durchaus interessantes Spiel, welches durch den Gegensatz von Armut und Reichtum sogar manchmal etwas politisch wirkt.

von Dr. Peter und Birgit Költringer

Verpackung:

5

Material:

4

Design:

4

Spielregel:

3

Originalität:

5

Spielreiz:

4


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.