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EUROPA VIVA - Spielerischer EU-Beginn!

Nachdem vor wenigen Monaten durch die Volksabstimmung auch die letzten Klippen für eine Aufnahme von Österreich in die Europäische Union beseitigt wurden, befindet sich ganz Österreich in einer Art von "EU-Fieber". Davon wurde auch eine österreichische Spielfirma erfaßt, welche ein Spiel herausgebracht hat, das uns dieses neue gemeinsame Europa spielerisch näherbringen soll.

Beim ersten Betrachten der Schachtel glaubt man, ein Reisespiel durch Europa vor sich zu haben: Europaemblem und karrikierte Darstellungen von Damen und Herren verschiedenster Nationalität sind da zu sehen und führen einen zuerst ziemlich in die Irre. Auch nach dem Öffenen der Schachtel ändert sich an diesem Reisespieleindruck vorerst wenig: Man findet Karten mit verschiedenen Darstellungen von Orten, Gebäuden und Wahrzeichen quer durch Europa, Spielfiguren wie bei "Mensch ärgere dich nicht"- und eine Anzahl von unterschiedlich großen Chips. Doch liegen hier auch zusätzlich noch drei Plastikarmreifen, von denen man annehmen könnte, sie wurden irrtümlich in der Schachtel vergessen. Beim genaueren Betrachten der Spielanleitung stellt sich jedoch rasch heraus, daß dieses Spiel kein Reisespiel ist: Denn hier geht es darum, die Bilder auf den Karten für die Teilnehmer möglichst so zu beschreiben, daß sie daraus das jeweilige Land erraten können. Doch beginnen wir der Reihe nach: Nachdem der Spielplan aufgelegt ist, auf dem Europa dargestellt ist, wählt sich der Spieler, der gerade an der Reihe ist, aus 3 Karten eine aus, welche er nach eigenem Ermessen seinen Kollegen mehr oder weniger wortreich präsentiert: Ob dies nun vage oder genau, blumig oder abstract ist, spielt im wesentlichen keine Rolle. Entscheidend ist jedoch, daß man bestimmte vermerkte Worte nicht verwenden darf, da dann das Ganze zu einfach werden würde: So soll bei der Beschreibung von "Ravioli" weder "Italien" noch "Ravioli" verkommen, hingegen sind die Worte "Nudeln" und "Tomatensauce" durchaus erlaubt. Auch Gefühle können in den Beschreibungen vorkommen: "Übelkeit" bis höchste "Lust" hat in der Präsentation des eben erwähnten italienischen Nudelgerichtes durchaus Platz, je nachdem wie man vom Geschmack her dieser Speise gegenübersteht. Nach der Beschreibung des Begriffes setzt der beschreibende Spieler die drei Plastikringe so auf die Landkarte, daß die gesuchte Nationalität innerhalb eines davon zu liegen kommt. Jeder Mitspieler kann nun seine Spielfigur in den Ring stellen, von dem er glaubt, daß dieser den entsprechenden Staat abdeckt. Wer hier richtig rät, erhält 2 Punkte. Zusatzpunkte gibt es, wenn man mittels Chips einen richtigen Tip abgibt, was für das beschriebene Ding im jeweiligen Land besonders wichtig ist: Ob die Kultur, die Landschaft, die Bauwerke, die Freizeit, das Essen und Trinken oder die Arbeit an erster Stelle steht, kann man an Punkten auf der jeweiligen Karte erkennen: Dementsprechend ist bei "Ravioli" das Essen und Trinken als wesentlich angeführt, hingegen spielt bei diesem Begriff z.B. keine Landschaft in Italien eine besondere Rolle: Denn beim Genuß von Ravioli ist es wohl gleichgültig, ob man sich diese in Apulien, Sizilien, Umbrien oder am Vesuv hinter die Bauchmuskeln schiebt. Die Punkte, die man so in diesem Spiel erhält werden auf einem Rundkurs am Rande der Karte gefahren. Wer als Erster eine zweimalige Umrundung geschafft hat, ist Sieger.

"Europa viva" ist eine geschickte Mischung von Quiz-, Taktik- und Risikospiel. Denn etwas Allgemeinwissen ist ebenso notwendig wie die Fähigkeit, ein Ding so zu beschreiben, daß es zwar richtig beschrieben ist, aber doch möglichst unklar bleibt: Denn wer möchte es seinen Kollegen schon gerne leicht machen, zu Punkten zu kommen. Durch die zusätzlich setzbaren Chips wird auch die Risikokomponente ein tragendes Element dieses Spieles. Da es insgesamt 190 verschiedene Karten gibt, ist auch die Gefahr, daß sich Begriffe wiederholen, nicht sehr groß: Damit sind aber auch gleichzeitig viele lustige Runden garantiert, die ganz nebenbei auch eine Form von Allgemeinbildung vermitteln, die wir im vereinten Europa wahrscheinlich durchaus nötig haben.

Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.