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GALOPP ROYAL - Königliches Sänftenrennen in Versailles

Immer schon suchten regierende Hoheiten ausreichende Beschäftigung. Ist es in der heutigen Demokratie die regelmäßige Öffnung des Mundes zwecks Ausstoßung bestimmter Geistesblasen vor möglichst großem Auditorium, was zur Wahlwerbung unbedingt erforderlich scheint, so waren es in der Zeit der Monarchie andere Vergnügungen, denen sich die herrschende Schicht verschrieben hatte. Ob Pferderennen, Tennis oder Golf, stets waren die Obersten der oberen Zehntausend an der Entwicklung beteiligt. Das vorliegende Spiel stammt zwar nicht direkt aus dieser Zeit, scheint jedoch durchaus in den Absolutismus des Barock zu passen und man ist beinahe verwundert, daß dieses Spiel erst heuer entstanden sein soll.

Galopp Royal stellt ein eigentümliches Sänftenrennen dar, bei dem zuerst einmal die schnellsten Träger zu ergattern sind und erst dann um die Wette gerannt wird. Der erste Teil des Spieles spielt sich in einer Versteigerung ab. Die einzelnen Träger, deren Wert auf der Karte mit Plus- oder Minuspunkten angegeben wird, werden unter den Mitspieler versteigert, wobei die Geldmittel wie üblich begrenzt sind. Wenn alle Adeligen ihre Träger beisammen haben, werden die vier Karten auf Tableaus mit je vier Feldern aufgelegt, wobei die Reihenfolge dem Spieler überlassen bleibt. Danach beginnt der zweite Teil, das eigentliche Rennen. Hier wird mit einem speziellen Dreispitzwürfel gewürfelt, der vier Felder hat, die den Feldern auf den Tableaus zugeordnet sind. Entsprechend der jeweils gewürfelten Zahl kann der entsprechende Sänftenträger die eigene Sänfte vorwärts und gegnerische Sänften rückwärts befördern. Wer dabei als Erster durchs Ziel geht, hat gewonnen. Für besondere Unglücksraben, die statt vorwärts nur rückwärts ziehen konnten, steht ein Muschelteich auf dem Spielplan bereit, wo man seine Depression zwischen Algen, Fröschen und Miesmuscheln abkühlen kann. Das ändert natürlich nichts mehr an der Tatsache, daß man eindeutig der Letzte geworden ist.

"Galopp Royal" ist ein Rennspiel, das durch die erste Phase der Sänftenträgerwahl etwas Strategisches mitbekommt. Daß sich dabei auch einiges an Gruppendynamik entwickelt, ist naheliegend, denn wer wird schon mit einem Gegner freundlich und nachsichtig umgehen, der einen selbst zurückversetzt hat. Manchmal schießen sich auch ganze Gruppen auf den einen oder anderen Vorlauten ein, der dabei durchaus Chancen auf ein Bad im Muschelteich bekommt. Doch vielleicht ist das gar nicht so schlecht, denn wer dieses Spiel im Hinblick auf die Zeit des Absolutismus original spielen will, zieht das Parfum dem Wasser vor, was zu einer reichlich belastenden Duftnote in Spielerrunden führen könnte. So wäre also ein Muschelteich auch zu Reinigungszwecken durchaus zu empfehlen.

Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.