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Wie bin ich am unauffälligsten?


Titel: Heimlich & Co
Hersteller: Otto Maier Verlag, Ravensburg
Spieldauer: 30 - 90 Minuten
Spieler: 2 - 7, ab: 8
Kategorie: Detektiv-/Agentenspiel
Preis: 299,-- ÖS
Bewertung: *** (gut)

Das kleine Dorf wirkt verkommen: Verputz bröckelt von den Wänden, Fensterscheiben sind eingeschlagen, bei einigen Häusern fehlt die Tür oder aber die Reste bewegen sich ächzend und quitschend im leichten Luftzug. Die Kirche im Dorf ist verfallen. Trübseelig blicken ihre Fenster wie gelblich verfärbte blinde Augen in die triste Umgebung. Gerade schlüpft eine Katze unter der vermorschenden Kirchtür hindurch. Alles wirkt verlassen. Nichts rührt sich, nur aus der Ferne ist jede volle Stunde der Schlag einer Kirchturmuhr zu hören. Die Straße wurde seit Jahren nicht mehr gerichtet, sie ist von Frostaufbrüchen gezeichnet und in den Spalten wächst zögernd das Gras. Zehn Häuser zählt das Dorf. Eine Ruine zeugt von vergangenen Zeiten, die wohl besser gewesen sein mußten. Trotz der verlassenen Szenerie gibt es in diesem Ort etwas bemerkenswert Neues: Die Firma Heimlich & Co hat hier den ersten supersicheren Tresor gelagert. Und aus aller Welt wurden Agenten ausgesandt, um die Konstruktionspläne auszuspionieren.

Dieses gekonnt arrangierte Bühnenbild ist die Grundlage für ein Spiel, das vom deutschen Autor Wolfgang Kramer erfunden wurde und 1984 auf den Markt gekommen ist. "Heimlich & Co" ist für 2 bis 7 Teilnehmer konzipiert und fördert die Fähigkeit des Kombinierens, Entdeckens und Verschleierns. Die kurze und prägnante Spielanleitung erklärt anhand von Beispielen anschaulich den Ablauf des Spieles und seine Regeln. Jeder Mitspieler zieht verdeckt eine Karte und damit seine Agentenfigur. Keiner weiß vom anderen, wer welcher Spion ist. Mit Hilfe des Würfels werden beliebige Agentenfiguren über die Dorfstraße bewegt und kehren in die einzelnen Häuser ein. In einem steht der Tresor. Wer dorthin kommt, verursacht eine sogenannte "Abrechnung": Dabei erhält jeder Agent Punkte, genannt "Informationen". Die Anzahl entspricht der jeweiligen Nummer des Hauses, in dem er sich gerade befindet. Pech für jene, welche in der Kirche gelandet sind: Hier gibt es nichts. Noch unglücklicher sind die Ruinenbesucher. Ihnen werden drei Punkte aberkannt. Wer als Erster 41 Punkte erreicht, ist Sieger. Nun gibt es für Entlarver und auch für die bis zuletzt unentdeckt Gebliebenen noch Zusatzpunkte. Da jeder Spieler mit einem beliebigen Stein fahren oder aber auch seine erwürfelten Punkte auf mehrere Agentenfiguren aufteilen kann, ist es oft nicht leicht, sich gegenseitig zu enttarnen. Zusätzlich sind bei einer Spielerzahl bis fünf zwei Figuren mehr im Spiel, die niemandem gehören. Nicht selten gewinnt sogar einer dieser "Blindgänger".

Der fieberhafte Versuch, die anderen zu entlarven, ist oft nicht sehr erfolgreich, denn alle bemühen sich um perfekte Unauffälligkeit. Und gerade das ist aber besonders schwer: Wie mache ich mich möglichst unauffällig? Oft wird man gerade dadurch auffällig. Soll man gelangweilt auf das Spielbrett blicken oder aber mit höchster Konzentration jeden einzelnen Agenten verfolgen? Fällt es nicht erst recht auf, wenn man mit einem Stein nie fährt? Oder ist es besser, ununterbrochen wüste Vermutungen in den Raum zu stellen, um die Leute abzulenken? Die Tarnung funktioniert am besten in den Runden, in denen sich die Partner nicht gut kennen, daher ist dieses Spiel gerade auch dort besonders spannend. Je besser sich die Agenten gegenseitig einschätzen können, desto eher sinkt nach mehrmaligem Spiel der Reiz.

Schaffen Sie die perfekte Unauffälligkeit? "Nachts sind alle Agenten grau" heißt es in der Spielanleitung. Oft jedoch stellen sie sich als grün, rot, gelb oder bunt schillernd heraus. Es ist schwer, unauffällig und farblos zu sein! Aber dessen sollte man sich bewußt sein. Denn dann erst werden wir alle erkennen, wodurch wir uns voneinander wirklich unterscheiden und daß uns dieser Unterschied zum Einzelindividuum macht.

von Dr.Peter und Birgit Költringer


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.