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INTRIGE - Bestechung ganz offiziell!


Laut Gesetz ist es verboten, Bestechungsgelder entgegenzunehmen. Dies ist wohl heute nach diversen Prozessen ziemlich allgemein bekannt. Meist werden bei solchen Aktionen Dinge versprochen, die dann auch gehalten werden. Etwas zu versprechen, dafür Geld zu kassieren und sich an diese Abmachung nicht zu halten, ist sicherlich noch eine Steigerung der Unfairneß. Doch Vieles davon erreicht wahrscheinlich nie das Licht der Öffentlichkeit, da es im Dunklen leise und sorgsam geplant und ausgeführt wird. Was doch bekannt wird, landet bei den Gerichten und üblicherweise wird dann auch ein Urteil gesprochen, das den Beteiligten weniger gut gefällt.

Ab heuer ist aber alles anders. Nun kann endlich jeder straffrei bestechen, sich bestechen lassen und außerdem bekommt er normalerweise auch gar keinen schlechten Ruf dabei. Möglich wird das durch ein neues Spiel namens "Intrige". Dieses ist im wesentlichen eindeutig der Realität abgeschaut und es spielt, und das überrascht auch keineswegs, in Italien - bei uns wäre so etwas selbstverständlich, ganz klar, wie könnte es anders sein, mit Sicherheit - überhaupt nicht denkbar: Jeder Mitspieler ist Regent in einer großen italienischen Stadt: Rom, Mailand, Venedig, Neapel und Florenz steht zur Auswahl. "Die großen Fünf" regieren, wie es sich für typische Patriarchen gehört: Rücksichtslos wie es ihnen paßt. 10 Personen hat jeder Regent zur Verfügung, er kann sie als Berater an die anderen Höfe entsenden, was Geld bringt. Doch jeder Hof hat nur 5 Positionen zu besetzen und da dürfen Berufsgruppen auch nicht mehrfach vorkommen: So genügt pro Hof ein Finanz-, ein Rechts-, ein Militär-, ein Wissenschaftsberater und auch in kirchlichen Fragen ist maximal einer der geistlichen Beratungseperten gefragt. In jeder Runde muß ein Spieler zwei seiner Berater an andere Höfe entsenden und sich bemühen, diese möglichst gut dotiert unterzubringen: Denn ob er für einen geistlichen Würdenträger 10000 oder 100000 Dukaten bezieht, ist sicher nicht unwesentlich. Jeder Hof hat aber nur eine 100000-, eine 50000-, eine 30000-, eine 20000- und eine 10000-Dukaten Position zu vergeben. Klarerweise wird geschmiert, geschmiert und noch einmal geschmiert, wobei das Ganze recht geschickt inszeniert ist: Zuerst bieten die Teilnehmer dem jeweiligen Regenten ihre Bestechungsgelder an und sie zahlen auch gleich. Erst danach gibt der Regent bekannt, was er zu tun gedenkt. So verärgert er sich mit schöner Regelmäßigkeit mal den einen, mal den anderen Kollegen, der das bei seiner eigenen nächsten Entscheidung sicherlich voll Empörung mit in die Waagschale werfen wird. Wenn auf diesem Wege immer mehr Berater auf den Höfen auftauchen, entstehen dadurch zwangsläufig Konflikte an jedem Hof, denn es wird nur ein Berater pro Fach geduldet. Hier zeigt sich nun ein wichtiger Unterschied zur österreichischen Innenpolitik, wo aus einem Minister für Finanzen ohne Probleme plötzlich ein Verteidigungsminister werden kann, damit es nicht zwei Finanzminister gibt. Bei "Intrige" läuft es anders, doch auch das wäre für die Realität zu überlegen: Wer als überflüssig befunden wird, landet auf der Insel, einem verbannungsähnlichen Ort, von dem man nie wieder wegkommt. Somit ist also nicht nur entscheidend, ob nach entsprechender Bestechung ein Regent einen guten Posten jemandem "geschenkt" hat sondern es ist auch wesentlich, ob man langfristig in seiner Gunst bleibt, denn Einnahmen gibt es nur, solange man eine Position innehat - auch das ist ein grundlegender Unterschied zur Tagespolitik, wo sich Pensionsansprüche in Windeseile bilden. Verständlicherweise hat am Ende derjenige das Spiel gewonnen, der am reichsten ist. Dies ist üblicherweise auch der Spieler, der am besten bestochen hat, bestochen wurde und sich am seltensten an weniger lukrative Abmachungen gehalten hat.

"Intrige" ist ein Spiel, welches die "Hinterfotzigkeit" der Mitspieler in kürzester Zeit klar aufzeigt. Es ist schon wirklich erstaunlich, wie sich biedere Familienväter, Anwälte, Notare, Klosterschwestern, Geistliche oder Beamte entwickeln, wenn sie hier losgelassen werden. Da siegt oft nur mehr die Gier und der berüchtigte Paragraph 307 des österreichischen Strafgesetzbuches, welcher all diese miesen Aktionen und ihre Bestrafung regelt, existiert für ein paar Stunden nicht mehr. Doch im Unterschied zur Realität endet alles eigentlich ohne größeren Schaden mit der Erkenntnis, was man doch eigentlich für miese Freunde hat, wenn man sie nur lassen würde. Doch Gottseidank läßt sie und uns niemand, sodaß wir alle auch in Zukunft eine reine Weste behalten können.

Wer diese Art von Spiele mag, wird hell begeistert sein, wer jedoch wirklich gemeine und gehässige Spiele verachtet, der sollte "Intrige" lieber nicht versuchen.

Intrige:

Titel

Intrige

Hersteller

FX Schmidt

Erfinder

Stefan Dorra

Design

Renate Seelig

Spieldauer

60 - 70 Minuten

Spieler

3-5, ab 12 Jahre

Kategorie

Verhandlungsspiel

Preis

ca. 350,-- ÖS

Bewertung:

Idee

6

Regelgestaltung

6

Ausführung

6

Verarbeitung

6


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.