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EINE WUNDERSCHÖNE KUH ZUM ERSTEN....!


Titel: Kuhhandel
Hersteller: Otto Maier Verlag, Ravensburg
Spieldauer: 30 - 45 Minuten
Spieler: 3 - 5, ab: 10
Kategorie: Kartenspiel
Preis: ca. 180,-- ÖS
Bewertung: **** (sehr gut)

Wer von uns war nicht schon einmal bei einer Versteigerung. Nicht nur die Möglichkeit, etwas sehr billig zu erhalten reizt, sondern vor allem auch die Atmosphäre fasziniert: Da sitzt einer auf dem Podium, bietet Ware feil und steigert sie in atemberaubender Kürze vom niedrigsten Angebot bis in schwindelnde Höhen. Da sitzen die Profis im Saal, die ihre Hand gar nicht mehr herunternehmen, bis ihr gesetztes Limit überschritten ist. Kühle Rechner beugen sich über den Katalog und planen ihren nächsten Coup, während die anderen sich um eine Keramikvase aus der 15. Chinesischen Dynastie raufen. Schwitzende Damen und Herrn geraten in Hektik, wenn es gilt, im richtigen Augenblick die Hand zu heben oder auch wieder rechtzeitig herunterzunehmen. Die Atmosphäre ist knisternd vor Spannung. Vielen Lesern ist dies alles bekannt, doch haben sie schon einmal versucht, Tiere zu ersteigern? Hunde, Katzen, Kühe, Esel oder auch Gänse und Hühner? Auch das kann ganz spannend sein, vor allem wenn die Tiere weder Heu noch Stroh brauchen, in jeder Wohnung Platz finden, keinen Schmutz machen und nur bei Bedarf hervorgeholt werden können und dieser Versuch außerdem nur Spielgeld kostet. Doch wie Sie sicherlich schon bemerkt haben, ist hier von keiner Versteigerung im herkömmlichen Sinne die Rede sondern von einem Spiel, das von Rüdiger Koltze erfunden wurde und sich unter dem Titel Kuhhandel großer Beliebtheit erfreut.

Statt der echten Tiere sind es hier platzsparende Tierkarten von vier mal sieben Zentimeter Größe, welche ersteigert werden können. Abwechselnd ist jeder Spieler einmal der Auktionator und bietet in möglichst schönen, blumigen Worten eine "herrliche Gans um 40" oder ein "wundervolles Schwein mit einem phantastischen Ringelschwänzchen um 650" an. Die anderen Spieler können das Tier ersteigern, wobei das dafür eingenommene Geld dem Auktionator gehört. Von jeder Tiergattung gibt es ein ganzes Quartett, also vier Hühner, vier Gänse, vier Katzen, vier Hunde usw. Wesentlich dabei ist, daß man am Ende des Spieles nur für jedes vollständige Quartett Punkte bekommt, die nach der Größe der Tiere gestaffelt sind. So bringt ein Kuhquartett 800 oder ein Pferdequartett gar 1000. Daneben muten vier Hühner geradezu lächerlich an: Sie bringen ganze 10 Punkte, nicht einmal die Knochen eines Brathuhnes sind heutzutage um diesen Betrag zu bekommen. Doch je mehr man von einem Quartett ersteigert hat, desto eher werden die anderen Mitspieler versuchen, Ihnen das nächste passende Tier vor der Nase "wegzusteigern". Denn wenn alles versteigert ist, beginnt der eigentliche "Kuhhandel": Alle Spieler müssen solange miteinander um Tierkarten handeln, bis alle Quartette komplett sind. Dies geschieht so, daß zwei Spieler ihr Tier in die Tischmitte legen und jeweils verdeckt den gebotenen Preis dafür dazu legen. Derjenige, der den Tauschhandel initiert hat, darf nun nachschauen und wer die höhere Summe geboten hat, erhält das Tier, der andere dafür das Geld. Doch hier gibt es auch "faule Eier": Jeder Spieler hat zwei Spielgeldscheine, die wertlose Nullen sind. So kann es auch vorkommen, das ein Esel, der 500 kostet um zwei Nullen den Besitzer wechselt oder aber auch eine Kuh um 800 für einen Zehnerschein verkauft wird. Hier können sich dann spannende Szenen abspielen: Mitspieler geraten sich in die Haare, weil sie eine Ziege viel zu billig verkauft haben oder ihr Partner ihnen mit zwei Nullen eine Pferd um 1000 abgenommen hat. Auch Szenen, in denen einer sein ganzen Geld für ein Huhn um 10 bietet, sind nicht selten, denn am Ende zählen nur die Tierquartette und ihre Anzahl. Geld ist nun wertlos. Wen wundert es da schon, daß in der letzten Runde für die billigsten Tiere oft bis zu tausend Schilling oder mehr geboten werden.

Kuhhandel ist ein relativ schnelles Spiel und man wird dadurch tatsächlich an eine Auktion mit alle ihren Reizen erinnert, man lernt aber auch bald, wie sehr man sich in seinen Mitspielern irren kann. Doch gerade diese "linken Aktionen" der Freunde riechen förmlich nach einer Revanche: Der nächste Kuhhandel folgt daher bestimmt! Dieses Spiel hat aber auch noch einen anderen Vorteil: Es ist klein und trotz der vielen Tiere leicht mitzunehmen. Wenn Sie daher demnächst auf der Straße einen Mann mit Aktentasche treffen, der behauptet 4 Pferde, 4 Ziegen, 4 Esel, 4 Schweine und noch allerei anderes Getier darin spazieren zu tragen, lassen Sie sich nicht täuschen: Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dieser Mann aus keiner Nervenheilanstalt ausgebrochen sondern lediglich einer der unverbesserlichen, unbelehrbaren, besessenen und fanatischen Kuhhandel-Spieler, wie sie in letzter Zeit immer häufiger werden.

von Dr.Peter und Birgit Költringer


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.