Luding Logo

LUDING


TOURISTENNEPP AUF DEM SPIELBRETT:

MARACASH

Wer jemals durch einen der großen Märkte des Orients geschlendert ist, wird sich bestimmt an die unvergeßliche Stimmung erinnern: Händler preisen ihre Ware an, sie laufen einem nach und versuchen mit "Hallo Mister" Kontakte zu knüpfen. Wer hier seinen Kopf wendet oder in anderer Weise reagiert, befindet sich meist bereits wenig später in einem Teppich-, Schmuck- oder auch Ledergeschäft.

Und dann wird die gute Freundschaft zu einer Tante, die einen Onkel hat und der wiederum einen Cousin besitzt, der schon einmal in Österreich war und dort den Herrn XY kennen- und schätzen gelernt hat, aufgewärmt. Dieser Herr XY wohnt natürlich rein zufällig in der Stadt, aus der auch der geschätzte Tourist kommt. Keine Frage führt dies auch bereits zum ersten Freundschaftspreis und die Angebote des Händlers werden tief und tiefer, ähnlich wie so manches Loch in der Geldbörse. Doch immerhin hat man schließlich auf diese Weise auch etwas erworben: Eine echte Cartier-Uhr, die sogar noch am nächsten Tag funktioniert, ein uralter Messingkrug, der erst vor wenigen Tagen patiniert wurde oder aber einen schönen Teppich, bei dem man sich zuhause fragt, wo man dieses tolle Stück mit seinen 6 mal 7 Metern unterbringen soll.

Wer kennt sie nicht, die Händler und Überredungskünstler, die es schaffen, selbst einem Eskimo einen Kühlschrank zu verscherbeln, doch irgendwie fasziniert dies alles und es wird Zeit, sich in dieses Milieu zu versenken. Nehmen Sie daher MarraCash zur Hand, ein Spiel von Stefan Dorra, das diese Stimmung recht gut eingefangen hat.

Auf dem Spielplan ist das alte Marrakesh mit seinen Stadtmauern dargestellt. Drei Tore laden die Touristen ein, in insgesamt 25 Geschäften einzukaufen. Doch noch ist es nicht soweit, erst müssen die gelben, roten, blauen, grünen und violetten Läden einen Besitzer finden. Dies geschieht durch Versteigerung zu Beginn des Spieles. Danach beginnt der eigentliche Touristennepp: In Gruppen werden sie durch ein Stadttor getrieben, um in den Straßen auf Einkaufstour zu gehen. Die Händler haben sich bereits auf ihre potentiellen Kunden eingestellt und gabeln sie im Vorbeigehen auf: Wer an einem Geschäft vorbeikommt, das die dazupassende Farbe hat - denn auch die Touristen-Holzsteine sind gelb, rot, blau, grün oder violett - der muß dort einkaufen. Natürlich erhalten die Händler dafür Geld, die Summe ist umso größer, je mehr Personen im Geschäft landen. Aber das ist nicht die einzige Möglichkeit, seinen Besitz zu mehren. Man kann daneben auch noch weitere Läden ersteigern, wodurch man wiederum mehr Besucher "neppen" kann. Wie nicht anders zu erwarten, ist am Ende der reichste Händler auch Gewinner dieses durchaus realistischen Spieles.

MarraCash ist eine gelungene Kombination von Taktik und Glück, das zu Beginn durch seine Komplexität etwas kompliziert erscheint. Doch man hat sich im vorliegenden Fall eindeutig an den "Siedler von Cattan", einem der gelungensten Spiele der letzten Jahre orientiert: Auch hier gibt es eine Einführung mit farbiger Spielbrettdarstellung, eine kurze Spielanleitung und einen sogenannten "Händler-Almanach", in dem anhand von Beispielen die Regeln näher erläutert werden. So hat man nach der ersten Testrunde meist schon einen durchaus brauchbaren Überblick. Für besonders Gewitzte gibt es auch noch eine Spezialvariante, bei der in den Geschäften nach dem Zufallsprinzip zusätzlich auch Reiseandenken verkauft werden können, welche die Erträge weiter steigern.

Birgit und Peter Költringer

MARRACASH:

Titel

MarraCash

Hersteller

Franck Kosmos

Erfinder

Stefan Dorra

Design

Marion Pott, Oliver Vogel

Spieldauer

ca. 60 - 90 Minuten

Spieler

3-4, ab 12 Jahren

Kategorie

taktisches Wirtschaftsspiel

Preis

ca. 490,-- ÖS

Bewertung:

Idee

5

Regelgestaltung

6

Ausführung

6

Verarbeitung

5


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.