LUDING

GRIPS, STEINE UND RADDAMPFER

Titel: Mississippi
Hersteller: Mattel
Erfinder: Roland Siegers
Design: Dietmar Keidel
Vertrieb: Eggeling
Spieldauer: 20 - 40 Minuten
Spieler: 3 - 6, ab: 10
Kategorie: Taktikspiel
Preis:
Bewertung: **** (sehr gut)

Es gibt wenige Menschen, die nicht manchmal in nostalgischer Erinnerung den längst vergangenen Zeiten nachtrauern. Ob man das Zeitalter der Dampflokomotiven zurücksehnt oder aber sich eine Fahrt in einer Postkutsche wünscht, ob man die alten Pflastersteine oder aber längst veraltete Telefonapparate sammelt, sehr oft bleibt der Eindruck, daß vieles früher besser, ruhiger und eher erstrebenswert war als manch moderner Schnickschnack. Viele haben bestimmt auch schon einmal daran gedacht, wie genußvoll und wildromantisch die Fahrt auf einem Raddampfer doch sein möge, doch dieses Erlebnis ist noch um Vieles seltener möglich als die Fahrt mit einer alten Dampflokomotive, von denen es in unserem Land doch noch einige gibt. Falls jetzt der eine oder andere wehmütig die Zeitung sinken läßt und in melancholische Träume versinkt, ersuchen wir ihn, zuvor zumindest noch diesen Artikel fertigzulesen, denn es gibt einen kleinen Ausweg, wenn schon keinen Ersatz, doch zumindest ist das Spiel "Mississippi", von dem hier die Rede ist eine kleine Simulation mit vielen reizvollen Gedanken.

Denn "Mississippi" ermöglicht einem zumindest am Spielbrett eine Reise mit solch einem Schiff. Jeder Mitspieler erhält zu Beginn eine kleine Ladung Holzscheite und einen kleinen sechseckigen Spielstein, der einen dieser riesigen Schaufelraddampfer darstellt. Diese Schiffe verkehren ja zum Teil noch heute auf dem Mississipi, den die Indianer aufgrund seiner gigantischen Länge von über 6000km liebevoll und ehrfürchtig "Vater der Gewässer" genannt haben. Am Spielbrett ist dieser Fluß abgebildet und die Spielsteine müssen vom Start bis zum Ziel über die einzelnen Flußfelder fahren. Doch wie jedes große Dampfschiff benötigt auch jeder Spieler für seinen Spieldampfer Holzscheite: Jedes Feld vorwärts verbraucht ein Holzscheit, jedes Feld rückwärts bringt zwar ein Holzscheit, aber vergößert auch wieder den Abstand zum Ziel. Doch es gibt eine Möglichkeit Holzscheite einzusparen, wenn man seinen Grips verstärkt einsetzt: Denn auf jeder Seite der sechseckigen Spielsteine steht eine Zahl zwischen 1 und 6. Wenn es gelingt, an einen zweiten Raddampfer anzukuppeln, indem man am Nebenfeld zu stehen kommt, und die anliegende Spielsteinseite zeigt eine höhere Zahl als die des anderes Schaufelraddampfers, kann man um die Differenz ohne Holzscheite vorwärtsziehen. Doch um das Schiff in die richtige Richtung zu drehen, damit auch wirklich eine hohe Zahl zum Anliegen kommt, benötigt man wiederum ein Holzscheit pro Drehung, aber in den meisten Fällen ist dies durchaus rentabel. So kann man sich also auf Kosten der anderen "vorwärtshanteln" und dann ruhig einige Felder zurückfahren, um Holzscheite zu sammeln. Doch auch Umgekehrtes kann passieren. Wer nicht ordentlich aufpaßt, legt am benachbarten Raddampfer an und übersieht, daß der andere mit einer höheren Seite anliegt und damit richtiggehend vorwärtsgeschleudert wird.

"Mississippi" ist ein sehr originelles Spiel. Der Erfinder hatte anfangs lediglich die Vorstellung von sich abstoßenden Kugeln und daraus wurde schließlich dieses hervorragende Taktikspiel, das durchaus auch schon für Dritt- und Viertklassler in der Volksschule geeignet ist, auch wenn die offizielle Altersangabe erst bei 10 Jahren beginnt. Die Ausführung des Spielmaterials stellt ebenso zufrieden wie die Spielanleitung, in der anhand von Beispielen die Regeln eingehend beschrieben sind. Leider fehlt jedoch eine Kurzzusammenfassung der einzelnen Kapitel.

Zwar bleibt die Wehmut nach einer echten Fahrt auf solch einem Schaufelraddampfer nach diesem Spiel erhalten, doch auch dieser "Mississippi" ist wert, besucht zu werden, vor allem bietet er gegenüber dem Original auch einiges an Vorteile: Er ist viel einfacher zu erreichen und selbst dann, wenn einem das Holz ausgeht, ist die Angst vor Stromschnellen wirklich unbegründet.

von Dr.Peter und Birgit Költringer

Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.