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PIEPMATZ, WEIHNACHTSMANN & Co...


Titel: Piepmatz
Hersteller: Otto Maier Verlag, Ravensburger
Kategorie: Farb-Würfelspiel
Spieler: 2 - 4
Alter: 4 - 8
Preis: 189,-- ÖS
Bewertung: *** (gut)

Titel: Weihnachtsmann - zieh dich an
Hersteller: Domino Verlag, München
Kategorie: Würfelspiel
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 6
Preis: 249,--
Bewertung: **** (sehr gut)

Titel: Erstes Quartett
Hersteller: Otto Maier Verlag, Ravensburg
Kategorie: Kartenspiel
Spieler: 2 - 6
Alter: 5 - 10
Preis: 99,--
Bewertung: **** (sehr gut)

Kinder spielen gerne. Sie benützen das Spiel zum Lernen, zum Erforschen ihres Könnens und ihrer Umwelt, aber manchmal auch einfach nur um das Miteinander zu genießen. Bei ihnen ist die Kreativität des freien Spieles noch voll vorhanden, wir als Erwachsene haben dies leider allzu oft verlernt und durch die üblichen Konventionen unserer Gesellschaftsordnung ersetzt. Unsere Kinder schaffen es auch noch mit Leichtigkeit, das Spiel als Kommunikationsmittel zu benützen. Aus ihrer Kreativität heraus entwickeln sich auch häufig spontane Spiele in der Gruppe, wie Abfangen oder auch Rollenspiele ("Vater-Mutter-Kind"). Für all dies benötigen sie keine Spielanleitung, kein Spielbrett und auch keine extra dafür geschaffenen Spielsteine. Es wird verwendet, was gerade vorhanden ist. Bereits ab dem Kindergartenalter gibt es aber auch eine ganze Reihe von industriell hergestellten Gesellschafts- und Lernspielen, die deshalb ebenfalls wesentlich sind, weil das Kind hier spielerisch lernt, sich einer Gruppe unterzuordnen und vorgegebene Regeln einzuhalten. Doch auch hier ist die Palette vielfältig und die qualitative Unterschiede sind groß. Es ist daher sicher notwendig, eine Selektion zu treffen. Gerade das ist aber oft schwer, da Kinder zu bestimmten Dingen häufig völlig anders Stellung nehmen als Erwachsene. Es ist daher kein Wunder, daß bei der nachfolgenden Beschreibung von drei Kinderspielen vieles zum Ausdruck kommt, was uns unsere eigenen vier Kinder beim Spielen gelehrt haben.

Kleine Vögel, die noch nicht flügge sind, werden gerne als "Piepmatz" bezeichnet. Auch im gleichnamigen Spiel von Heinz Meister, das 1988 erschienen ist, geht es um kleine Vögel, die Fliegen lernen sollen. Jeder Mitspieler bekommt dabei einen Holzvogel, der in der Mitte eines Baumes im Nest sitzt. Von diesem Nest gehen farbige "Straßen" weg, die nach mehreren Zwischenstopps bis in die äußeren Äste des Baumes führen. Jeder Mitspieler erwürfelt sich mittels Farbenwürfel seinen persönlichen "Piepmatzpfad", der seinen Vogel bis in die äußeren Äste bringt. Wer dort als Erster angelangt ist, kann in die weite Welt hinausfliegen und hat gewonnen. Nicht nur das Spiel heißt Piepmatz, es ist auch am besten für menschliche Piepmätze geeignet: Schon ab vier Jahren kann es gespielt werden und hat hier auch den Charakter eines Farbenlernspieles. Bestechend dabei ist aber vor allem die kurze Spieldauer: Meistens sind es nur zehn Minuten, die ein Vogel benötigt, um flügge zu werden. Dies ist eine Zeitspanne, in der auch lebhafte Kinder noch in der Lage sind mitzumachen. "Piepmatz" ist auch aus diesem Grunde gut als eines der ersten Gesellschaftsspiele des Kindes im Vorschulalter geeignet. Für schulpflichtige Sprößlinge ist es weniger empfehlenswert, diesen wird es dabei schnell langweilig.

Im Gegensatz dazu bietet das Spiel "Weihnachtsmann - zieh dich an", welches von Mitarbeitern der Redaktion "Floh-und Flohkiste - München" entwickelt und 1988 auf den Markt gebracht wurde, durchaus auch sehr ansprechende Aspekte für Volksschulkinder. Zu Beginn erhält jeder Teilnehmer einen Weihnachtsmann, kurzärmlig und in Socken, seine für das Fest notwendigen Utensilien wie Mütze, Bart, Jacke, Stiefel und Sack kann er sich im Laufe des Spieles erwerben. Dafür gibt es ein Spielfeld, auf dem der Weg erwürfelt wird. An bestimmten Plätzen können Bestandteile der entsprechenden Bekleidung abgeholt werden. Auf anderen Spielfeldern ist eine "Ereigniskarte" zu ziehen, die Vor- oder Nachteile bringen kann. Auf einer ist zum Beispiel zu lesen, daß ein Berufskollege in Pension gegangen sei und seine Ausrüstung verschenke und man sich nun ein Stück freier Wahl davon nehmen dürfe. In unserer Familie fanden dabei besonders die Mäntel reißenden Absatz. Aber nicht immer sind so erfreuliche Nachrichten auf diesen Karten vermerkt. So wird einem unter anderem auch vorgeworfen, daß man als Weihnachtsmann harte Eier verschenkt habe, obwohl dies dem Osterhasen vorbehalten sei. Zur Strafe muß man einmal aussetzen. Gewonnen hat derjenige, welcher seinen Weihnachtsmann nicht nur standesgemäß angekleidet hat, sondern auch noch als Erster im Zielfeld eingetroffen ist. Doch bis dahin ist ein weiter Weg. "Weihnachtsmann - zieh dich an" wird von Kindern bis zum 10. Lebensjahr sehr gerne gespielt, auch wenn es in unserer Familie immer dann Tränen gegeben hat, wenn ein gerade mit viel Mühe angezogener Weihnachtsmann aufgrund einer Ereigniskarte seine Kleidung wieder abliefern mußte und dann neuerlich halbnackt dasaß. Aber gerade diese Erfahrung ist wichtig: Nicht nur im Spiel sondern auch im Leben kann man nicht immer auf der Seite der Gewinner stehen.

Neben den Würfelspielen erfreuen sich seit Generationen die Quartette einer besonderen Beliebtheit, auch wenn nach dem Angebot in vielen Spielwarengeschäften derzeit der Eindruck entstehen könnte, dieses Spiel sei nicht "in". Man muß zum Teil schon recht lange suchen, um ein schönes und auch grafisch anspruchsvolles Quartett zu finden. Es gibt zwar massenhaft Tier-, Pflanzen-, Auto- und Flugzeugquartette, doch ist die Ausführung und Qualität der Bilder oft sehr bescheiden. Eine leicht zerbrechliche und manchmal auch noch verschmutzte Plastikhülle verstärkt zum Teil diesen erbärmlichen Eindruck, vor allem wenn man bedenkt, wie aufwendig heutzutage viele Spiele präsentiert werden. Aber man sollte nicht verallgemeinern. Auch unter diesen Kartenspielen gibt es grafische "Highlights", die Kinder und Erwachsene faszinieren. Eines davon ist der Dauerbrenner "Erstes Quartett", der seit über zehn Jahren nichts an Popularität eingebüßt hat und sich auch dadurch auszeichnet, daß das Kind nicht lesen können muß. Hier werden jeweils vier Karten, die unter einen gemeinsamen Oberbegriff fallen, gesucht: Neben den Eskimos gehören zum Beispiel auch die Indianer, Chinesen und Neger zum Begriff des Menschen. Und zu den Tieren werden Löwe, Elefant, Pinguine und Seehunde gezählt. Die Grafiken von Dick Bruna sind kindgerecht und abstrahierend zugleich. Die Fähigkeit des Vergleichens und Zusammenfassens wird hier in einer Weise gefördert, die wirklich Vergnügen bereitet.

Weihnachten steht vor der Tür. Dies sollte nicht nur eine Zeit der Geschenke sein sondern auch eine Zeit des Miteinander. Kindern Spiele zu schenken ist ein guter und wichtiger Gedanke, aber alleine werden diese kaum gerne gespielt werden. Kinder brauchen Spiele, sie brauchen aber vor allem die Zeit der Erwachsenen, die diese dann mit ihnen gemeinsam erproben und um den Sieg wetteifern. Denn erst dadurch bekommt ein Spiel den richtigen Stellenwert in der Familie.

von Dr.Peter und Birgit Költringer


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.