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DIESES LEBEN IST NICHT LEBENSGEFÄHRLICH!


Titel: Spiel des Lebens
Hersteller: MB
Spieldauer: 1 - 2 Stunden
Spieler: 2-6, ab: 8
Kategorie: Spiralspiel
Preis: 448,-- ÖS
Bewertung: **(*) (gut-)

Kann man sein Leben selbst steuern oder wird es gesteuert? Hat man vielleicht nur den Eindruck, daß man Einfluß darauf nehmen kann, wie man lebt? Ist der Mensch das Werkzeug einer höheren Macht, egal wie man diese auch immer definiert, die uns eigentlich gar keinen Spielraum läßt? Manipuliert eine unabwendbare und unaufhaltsame Vorsehung unser Dasein oder können wir mitentscheiden? All diese Fragen sind uralt und werden auch heute oft diskutiert. Dieser Schicksalsgedanke hat auch bereits vor mehreren Jahrtausenden zur Entwicklung der Spiralspiele geführt, die sich über die Zeiten hinweg nicht nur erhalten sondern auch weiterentwickelt haben. Die Spirale hatte in allen Völkern mystische Bedeutung: Sie wurde von der Schlange, dem Sinnbild des Lebens abgeleitet. Es gab kein Aussteigen aus dieser Spirale des Lebens aber auf seiner Lebensbahn konnte ein jeder viel oder wenig erreichen, schnell oder langsam vorwärtskommen oder aber auch den einen oder anderen Weggenossen beeinflussen. Die Mystik dieses Spieles, die in jedem Volk eine Symbiose aus Leben, Religion und Tradition darstellte, ging im 18. und 19. Jahrhundert verloren, geblieben sind die Grundelemente der Spirale: Ein Weg mit oder ohne Verzweigungen, aber stets mit nur einem Ziel. Eine Variante dieser Spiele, welche in ihrer endgültigen Form 1978 von Milton Bradley auf den Markt gebracht wurde, hat dieses Prinzip der Lebensspirale bereits in seinem Titel integriert: Das "Spiel des Lebens" soll alle Stationen beschreiben, die man im Laufe seines Erdendaseins durchschreitet.

Die Spielanleitung versucht eine möglichst genaue und doch kurze Beschreibung, dies gelingt nicht immer ganz. Im Vergleich zum wirklichen Leben ist der Anfang etwas ungewöhlich: Zu Beginn erhält man ein Auto, in dem man, dem Geschlecht des Spielers entsprechend, einen rosa oder blauen Plastikstift setzt. Gehen lernen ist hier nicht mehr erforderlich, hoffentlich handelt es sich dabei um keine Zukunftsvision! Die Geschwindigkeit des Autos wird mit dem Glücksrad bestimmt. Entsprechend der Zahl, bei der es nach einmaligem Andrehen stehenbleibt, darf man zwischen 1 und 10 Feldern vorwärtsfahren. Jedes Feld ist mit einer Anweisung beschrieben, die für den Spieler positiv oder negativ sein kann und in Abhängigkeit von der Feldfarbe erfüllt werden muß oder aber auch nur eine Möglichkeit anbietet. Ab und zu darf auch zwischen zwei Wegen gewählt werden: Ob sie Akademiker werden wollen oder Angestellter, das können Sie entscheiden. Zu welchem Berufsziel dies führt, ob Arzt, Anwalt oder Journalist, das bleibt wiederum dem Glücksrad überlassen. In Abhängigkeit vom Beruf gibt es regelmäßige Zahltage, bei denen man seinen Monatsbezug erhält und mit dem man wirtschaften muß. Nach der Berufswahl steht als nächstes größeres Ziel die Heirat ins Haus: Ob man will oder nicht, es muß geheiratet werden! Einige Mitspieler sind bei diesem Feld sicher sehr froh, daß es sich nur um ein Spiel handelt. Auch Geschenke in Form von Geld müssen bei der Verehelichung von den Teilnehmern entrichtet werden. Der Ehepartner wird dann ebenfalls als kleiner rosa oder blauer Plastikstift ins Auto gepackt und in Zukunft fährt das Ehepaar gemeinsam durch die Lande. Auch Kinder gibt es unterwegs, doch hier entscheidet einzig und allein das Glücksrad und nicht Sie, wieviele und ob es überhaupt welche werden. Immer wieder kann man Geld einsammeln, vor allem wenn man Aktien gekauft oder eine Erfindung getätigt hat. Aber es gibt auch weniger erfreuliche Plätze, wie zum Beispiel die Erbschaft einer Skunkfarm, die verständlicherweise nur Geld kostet und nichts bringt. Am Ende der Bahn angelangt, zieht man sich entweder als reicher Mann in die Herrschaftsvilla zurück und lebt von den Einkünften aus seinem Vermögen oder aber man bleibt im Altersruhesitz, wo das Einkommen als Pensionist gesichert ist. Das Leben endet also nicht mit dem Tod sondern mit dem ewigen Ruhestand. Dieser Ausgang ist sicherlich der größte Alptraum für jede Pensionsversicherung: Ewige Pension und kein Tod! Aber keine Angst, auch im Spiel werden die Zahlungen einmal eingestellt. Dann nämlich, wenn der letzte Spieler in der Villa oder im Altersruhesitz angelangt ist. Sieger ist derjenige, welcher zuletzt am meisten Geld zusammengerafft hat: Ein zeittypisches Ende!

Das "Spiel des Lebens" ist sicher mehr als einen Abend wert. Nach einiger Zeit bietet es jedoch wenig neue Gesichtspunkte und lebt dann hauptsächlich von der Spielrunde. Dabei sind vor allem die auftretenden Emotionen ein interessanter Aspekt: Freude, Schadenfreude, Glück und Unglück liegen hier ebenso knapp nebeneinander wie in der Realität. Wenn es einem gelingt, neben der bloßen Lust am Spiel manchmal etwas darüber zu stehen, wird vielleicht auch die Frage nach dem eigentlich Sinn des Lebens auftauchen. Hier schließt sich wiederum der Kreis der mehrtausend jährigen Geschichte des Spiralspieles und die Mystik der Sinnfrage hat nichts von seiner Bedeutung eingebüßt, ganz im Gegenteil: Dieses "Warum" ist aktueller denn je.

von Dr.Peter und Birgit Költringer


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.