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STICHELN - Klein aber oho!


Eine Schachtel im Din-A6 Format ist ansich nicht gerade umwerfend. Wenn auf dieser Schachtel auch noch für einen "Spielespaß" garantiert wird, dann denkt man unwillkürlich an die ganze Palette von hirnloser und maßlos übertriebener Werbung, die es in den vergangenen Jahren für so manches Spiel gegeben hat. Bei einem Großteil davon ist diese Werbung dann wohl auch das Einzige, was heute noch in Erinnerung geblieben ist.

Auch nach dem Öffnen der Schachtel ändert sich an der Skepsis zunächst noch nicht viel: Da findet man 15 rote, 15 orangefarbene, 15 gelbe, 15 grüne, 15 blaue und 15 violettfarbene Karten mit den Werten zwischen 0 und 14. Zugedeckt wird das Ganze von einer Spielanleitung, welche feststellt, das jeder Spieler eine persönliche "Ärgerfarbe" hat und die Karten einfach ausgespielt werden. Es gibt wohl kein Kartenspiel, wo keine Karten ausgespielt werden, denn dann würde es sich ja um kein Kartenspiel handeln. Die Ärgerfarbe erweckt zu diesem Zeitpunkt durchaus negative Assoziationen, welche mit dem Kauf dieser kleinen Schachtel in Verbindung stehen. Doch zu diesem Zeitpunkt sollte man Sticheln noch nicht zur Entsorgung freigeben, sondern zuvor noch schnell einmal den Rest der Anleitung überfliegen und nun wird es plötzlich interessant: Jeder Spieler erhält nach gutem Mischen 15 Karten mit unterschiedlichen Farben und Werten. Er legt nun eine Karte ab, welche er als seine persönliche "Ärgerfarbe" definiert hat und das Spiel kann beginnen. Prinzipiell besteht kein Farbzwang und man kann nun abwerfen, was man will. Wenn nur eine Farbe ausgespielt ist, sticht der höchste Wert, jede andere Farbe zählt als Trumpf und übersticht die ausgespielte Kartensorte. Natürlich wird auch in diesem Spiel versucht, Stiche zu sammeln, doch die persönliche "Ärgerfarbe" sollte man vermeiden, denn da bringt jede Karte Minuspunkte. Wenn nun Herr A eine rote Drei ausspielt und Frau B sowie C eine rote Karte daraufwerfen, zählt der höchste Wert als Stich. Doch Herr D hat keine rote Karte mehr und muß daher eine x-beliebige andere Farbe spielen. Damit gehört der Stich ihm. Zum seinem großer Verdruß hat er aber zu Beginn der Runde Rot als seine persönliche Ärgerfarbe definiert und nun zählen alle roten Karten in diesem Stich für ihn Minus. Nach so einem "Horrorstich" sind die finstersten Vorahnungen im Hinblick auf das Ende gerechtfertigt. Das Spiel ist zu Ende, wenn alle Karten ausgespielt worden sind. Gewinner ist derjenige mit der höchsten Punktezahl.

So kann dieses Spiel nach anfänglich massiver Skepsis schließlich doch voll überzeugen. Der Grund dafür liegt in einem sehr interessanten Grundprinzip: Sticheln ist praktisch das exakte Gegenteil von herkömmlichen Kartenspielen. Denn hier sind alle Farben Trumpf, nur nicht diejenige, welche gerade ausgespielt wurde. Kein Wunder, daß dadurch manchmal chaotischen Zustände verursacht werden. Wenn man nämlich glaubt, eine Karte einfach dazuwerfen zu können und dabei eine andere Farbe nimmt, hat man automatisch bereits Trumpf gespielt und gestochen. So sammelt man dann auch recht häufig größere Mengen an Ärgerkarten und dementsprechende Minuspunkte. Gleichzeitig kann es bei passionierten Spieler durchaus vorkommen, daß man die anderen, normalen Kartenspiele beinahe verlernt und dann ist auch dort zumindest kurzfristig ein massives Chaos vorprogrammiert.

STICHELN:

Titel

Sticheln

Hersteller

Amigo

Erfinder

Klaus Palesch

Design

Amigo

Spieldauer

20 - 30 Minuten

Spieler

2-6, ab 8 Jahre

Kategorie

Kartenspiel

Preis

ca. 150,-- ÖS

Bewertung:

Idee

6

Regelgestaltung

6

Ausführung

5

Verarbeitung

5


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.