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REIF FÜR DEN PSYCHIATER!


Titel: Therapy
Hersteller und Vertrieb: Milton Bradley
Erfinder: Autorenteam
Design: Milton Bradley
Spieldauer: 60 - 90 Minuten
Spieler: 3 - 6, ab: 10
Kategorie: Psychospiel
Preis:

Das Unbewußte wurde in den vergangenen Jahren immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses gerückt: Nicht nur die Medien beschäftigten sich vermehrt damit, auch die Schulen, die Werbung und die Gerichte sind mit den Fragen nach diesem meist völlig unklaren Begriff verstärkt konfrontiert. Auch wir als Spielekritiker befassen uns seit geraumer Zeit mit diesem Thema bzw. mit dem, was dahintersteckt und so brachte uns das heute zu beschreibende Spiel "Therapy" in eine äußerst interessante Situation: Denn wenn von zwei Spielkritikern einer Psychiater und der andere sich seit vielen Jahren mit psychologischen Aspekten im Kindes- und Jugendalter beschäftigt ist, dann wird ein Spiel aus dem Kreis der Psychospiele von Anfang an eher argwöhnisch betrachtet. Vor allem weil von der fachlichen Seite her mit dem Unbewußten ansich schon kräftig spekuliert wird.

"Therapy" besteht aus einem Spielplan, auf dem sich ein Weg mit Feldern befindet, der im Kreise bei insgesamt 6 Psychiatern vorbeiführt. Weiters sind Wissenfragekarten und Therapiekarten vorhanden. Jeder der Teilnehmer erhält eine Couch statt einem Spielstein. Damit ist er gleichzeitig Patient und Psychiater. Aus unserer eigenen Erfahrung stellt sich damit aber auch gleich die Frage, ob man nun mehr "psychiatrischer Patient" oder mehr "patientischer Psychiater" ist, denn diese Trennung ist häufig nicht nur in diesem Spiel so einfach. Mittels Würfeln gleitet man mit seiner Couch über die Spielfelder, auf denen man entweder Wissensfragen beantworten oder Assoziationen zu Zeichnung finden muß. Diese "Therapiestunden" sind ungefährlich und vermitteln auch Erfolgserlebnisse, denn bei richtigen Antworten erhält man farbige Stifte, die man in seine Couch steckt (Liegen kann man dann nicht mehr so gut!). Doch auch unerfreulicher Felder gibt es: Ob Sie nun plötzlich paranoid werden oder aus anderen Gründen schnellstens in Behandlung müssen, im Endeffekt ist dies nicht so wichtig, denn in beiden Fällen werden Sie von einem Mitspieler therapiert: Zu diesem Zweck stellt er eine Frage, die häufig sehr ins Persönliche geht. Der Gefragte muß nun die Antwort auf ein Papier schreiben, ebenso der "Therapeut". Wenn diese beiden Antworten übereinstimmen, ist die Therapie erfolgreich beendet und man kann in der nächsten Runde ganz "normal" - falls dies überhaupt möglich ist - weiterspielen. Sonst verbleibt man in weiterer psychiatrischer Behandlung bis die Therapie durch Übereinstimmung erfolgreich abgeschlossen wird. Wer schließlich zuerst sechs verschieden farbige Stifte erworben hat, ist "Oberpsychiater" und hat gewonnen.

"Therapy" ist ein recht interessantes Spiel. Von der Ausführung und der Spielanleitung her stellt es zufrieden, der Spielreiz hingegen ist sehr von der Gruppe abhängig, in welcher man spielt, denn dieses Spiel ist teilweise auch kräftig indiskret, bestimmte Fragen bringen schon so manches ans Tageslicht bzw. sowohl die Therapeuten als auch die Patienten gehörig ins Schwitzen: Wie würden Sie sich zum Beispiel auf einer Skala zwischen 1 und 10 bezüglich Ihrer Intelligenz einstufen? Oder welche Rolle spielen die Triebe in Ihrem Leben? Nicht nur der Befragte kommt dabei unter Umständen ordentlich ins Grübeln sondern auch der Therapeut, denn wer will schon unhöflich sein? Selbst wenn es stimmt, man kann doch seinen Nachbarn bei der Frage nach der Intelligenz nicht als "saublöd" einstufen, denn das verbietet einerseits der gute Ton, andrerseits wäre möglicherweise sogar eine echte "Neurose" die Folge. Wer weiß schon, wie hoch entwickelt und wie sensibel das Unbewußte des Nachbarn ist? Doch es gibt zum Teil auch unproblematische Fragen und die kommen irgendwann einmal sicher ebenfalls an die Reihe. Doch am Ende weiß man meist nicht, ob man als Therapeut oder als Patient gesiegt hat, aber das ist ja eigentlich auch Nebensache, denn das Unbewußte weiß mit Sicherheit die passende Antwort, möglicherweise erfahren Sie sie aber nie!

von Dr.Peter und Birgit Költringer

Verpackung:

4

Material:

4

Design:

4

Spielregel:

5

Originalität:

6

Spielreiz:

4


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.