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GUSLI, GUTI UND KATAPLASMA...


Titel: Das verrückte Lexikonspiel
Hersteller: Noris
Spieldauer: 30 - 90 Minuten
Spieler: 3 - 8, ab: 14
Kategorie: Gesellschaftsspiel
Preis: ca. 350,-- ÖS
Bewertung: **** (sehr gut)

Jeder halbwegs normale Mensch hat in seiner Schulzeit des öfteren versucht, trotz mangelnder Kenntnisse mit Dingen zu brillieren, von denen er keine Ahnung hatte. Meist waren diese Aktionen im Sinne eines guten Zeugnisses wenig oder gar nicht von Erfolg gekrönt, da in vielen Fällen zumindest die Lehrer die Antwort auf die gestellten Fragen wußten. Obwohl diese negativen Erfahrungen mit dem Umgang von nicht vorhandenem Wissen eigentlich abschrecken müßten, weiß jeder von uns, daß man immer wieder versucht, seine Schwächen zu überspielen. Nicht nur die Schüler tun das sondern sehr oft auch honorige Herrn und Damen des öffentlichen Lebens, häufig mit gar nicht so schlechtem Erfolg, obwohl man mit Sicherheit sagen könnte, daß manche Lexika von Ihnen häufig nur von aussen bestaunt wurden. Auch unter den Spielen gibt es viele, in denen man über sein Allgemeinwissen Auskunft geben muß, vor einigen Monaten haben wir darüber im Standard berichtet. Doch nun gibt es ein Spiel, welches genau das Gegenteil zum Ziel hat: Es wurde von Johann Rüttiger auf den Markt gebracht und geht davon aus, daß man nichts weiß. Wer von den Lesern jetzt meint, diese Spielkritik sei nun wirklich nichts für ihn, sollte trotzdem ruhig weiterlesen, denn es ist kaum zu glauben, wieviele Begriffe man nicht kennt. Oder wußten Sie, daß ein "dunkelblauer Bischof" kein geistlicher Würdenträger mit mehr als 1 Promille Blutalkohol ist, sondern ein Vogel, der in Südamerika beheimatet ist? Wer von Ihnen oder Ihren Bekannten weiß schon, daß "Medresse" keine falschgeschriebene gefügige Dame in Königshäusern ist, die sich in waagrechter Position sehr einsam fühlt, sondern eine Schule des Korans? Und diese Beispiele lassen sich unzählig fortsetzen. Doch im "verrückten Lexikonspiel" geht es nicht darum zu wissen, wie die Definition ist, sondern stattdessen gilt es, eine Begriffserklärung zu verfassen, die möglichst "lexikal" klingt. Denn wenn alle Mitspieler eine Definition des ihnen unbekannten Wortes verfaßt haben, werden diese Begriffserklärungen gemeinsam mit der Originalerklärung vom Spielleiter verlesen und jeder Mitpieler muß nun entscheiden, welche Antwort die tatsächliche Definition ist. Wer nun eine Erklärung so glaubhaft erfunden hat, daß zumindest einer der Mitspieler meint, dies müsse die korrekte Antwort sein, erhält als Erfinder dieser "Nonsens-Definition" zwei Punkte. Für eine richtige erratene Begriffserklärung gibt es nochmals einen Punkt. Man sieht hier schon, eine schöne "Nonsens-Definition" ist viel wertvoller als der tatsächliche Begriff. Auf einem Spielbrett werden die so vergebenen Punkte mit Spielsteinen gefahren und wer als Erster durchs Ziel geht, hat gewonnen. Doch in diesem Spiel geht es nicht nur um den Sieg, sondern jede Runde bringt für sich eine Reihe von genüßlichem Blödsinn, welcher oft so plausibel klingt, daß die eigentliche Erklärung beinahe lächerlich wirkt. So ist es auch gar nicht erstaunlich, daß ein "Jogulator" viel eher für eine Joghurterzeugungsmaschine gehalten wurde als für einen Spielmann aus dem 18.Jahrhundert. Auch die Definition des Wortes Fuchsschwänzler war überzeugend doch falsch: Ein Fuchsschwänzler ist nämlich kein Sägenerzeuger und auch keine Faltergattung sondern eine unterwürfiger Mensch. Auch die Definition, daß es sich dabei um eine charakteristische Wippbewegung beim Tangotanzen handelt, wurde von einigen Spielern mit Überzeugung angenommen. Auch der Begriff "Nauli" wurde eindrucksvoll erklärt: Die Definitionen reichten von einem zärtlichen Ausdruck für einen Seemann bis zu einer Kurzbezeichnung für multinationale Flotten. Daß es sich dabei in Wahrheit um eine Jogaübung handelt, erschien kaum jemandem denkbar.

"Das verrückte Lexikonspiel" ist also exakt das Gegenteil von allen bisherigen Wissensspielen, doch es bietet mindestens ebenso viel Vergnügen und das mit Sicherheit ohne tierischen Ernst. Auch die Ausführung überzeugt in jeder Hinsicht und eigentlich kann man zu diesem Spiel nur sagen, daß es derzeit noch viel zu unbekannt ist, denn es ist wert gespielt zu werden. Abschließend möchten wir noch auf die drei Definitionen zu sprechen kommen, die im Titel stehen: Hier noch die Lösungen: "Gusli" ist ein schweizerischer Ausdruck für Geister, "Guti" ein besonders gutes Essen im Mittelalter und "Kataplasma" eine Form von Ektoplasma aus der Parapsychologie. Sie sehen, so einfach sind die Antworten, doch auch diese drei haben eine großen Haken: Sie sind völlig falsch, doch klingen sie nicht sehr gut?

von Dr.Peter und Birgit Költringer


Copyright Peter und Birgit Költringer 2002

Dieser Spieletest wurde von Univ.Prof.Dr.Peter und Birgit Költringer geschrieben und beinhaltet daher auch ihre eigene Meinung. Er erscheint auch in ihrer wöchentlichen Spielerezension in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn). Eine Verbreitung ist unter Quellenangabe gestattet, sofern die Autoren, die Erscheinungsquelle und die Rezension nicht verändert wurde und weiter die Autoren davon Kenntnis und ein Belegexemplar erhalten.

Die Autoren haben mit keinem Spielzeughersteller berufliche Verbindungen und sind völlig unabhängig. Anfragen sind über EMail an spiele.koeltringer@utanet.at zu richten.