Dieser Spieletest wird parallel auf die Spieleautorenmailingliste und an de.rec.spiele.brett+karten verschickt.

Uebersicht:

Star Take ist ein Weltraum-Handels-Strategie-Kriegs-Spiel fuer 2-4 Spieler aus dem Hause NMG (Next Millenium Games, Autor H.-Georg Rausch, kurz G'Ork). NMG ist ein Klein- (Fan-)verlag.

Adresse: H.-Georg Rausch, Next Millenium Games, PF 320313, 53206 Bonn

Star Take (Basisspiel) kostet 98 DM und enthaelt Aufkleber fuer Hexe, Karten und verschiedene Counter sowie Würfel und sonstigen Kleinkram. Das Material muss normalerweise zusammengebastelt werden, diese Arbeit wurde jedoch bereits vom Vorbesitzer uebernommen (welcher mir das Spiel fuer den Test ueberliess). Laut Autor handelt es sich um maximal 2 Stunden Arbeit.

Test mit drei Spielern:

Bereits vor ein paar Wochen haben wir zu dritt zum ersten Mal Star Take getestet, der erste Eindruck ergab leider gehoerige Maengel. Eine endgueltige Bewertung wollte ich erst nach einem 4-Personenspiel abgeben (was hiermit passiert). Die damalige Bewertung lag bei:
Mit fairem Preis (42 DM) waeren es 55% (oder ca. eine 3-), bei 98 DM bleiben leider nur 25% (Note 5+) uebrig.

Testbericht vier Spieler / Gesamtwertung:

Hintergrund:

Der Autor nennt sein Spiel im Untertitel "Das zweite Spiel aus dem nächsten Jahrtausend", da es urspruenglich "Star Trek - das erste Spiel aus dem naechsten Jahrtausend" heissen sollte. Als kleiner Verlag konnte sich NMG jedoch keine aufwendigen Lizenzen leisten, so dass der Name und Bezeichnungen im Spiel geaendert wurden. Dem Spiel liegt eine "Spielwelt"-Beschreibung bei, dabei handelt es sich um eine Adaption des Star Trek Universums mit zahlreichen Verballhornungen der ueblichen Namen, so heissen die Romulaner eben Remouladier und die Borg tauchen als G'Ork wieder auf. Die Beschreibung der "Spielwelt" ist prinzipiell okay. Es handelt sich zwar um eine Kopie des Star Trek Universums, aber immerhin eine gelungene und dies fuehrt zu einigen Lachern und Wiedererkennungseffekten. Wenn auch fuer das Spiel an sich voellig irrelevant, ist es zumindest ein kleiner Gimmick am Rande.

Regeln:

Die Regeln sind angemessen ausfuehrlich, wenn auch leider ein oder zwei Fragen offen bleiben (Regelluecken). Perfektion kann man aber in so einem Fall nicht unbedingt erwarten, die fraglichen Probleme lassen sich meist mit gesundem Menschenverstand und einer kleinen Abstimmung unter Spielern regeln.

Das Spiel:

Star Take ist eine fast schon "schamlose" Siedler-im-Weltraum Variante und enthaelt deswegen nichts wirklich neues. Das muss ja noch kein Fehler sein, denn auch bewaehrte Konzepte in neuer Anordnung koennen gute Spiele hervorbringen. Trotzdem fallen die Gemeinsamkeiten ins Auge, fast wundert es einen, dass Franckh-Kosmos noch nicht mit einem Anwalt gedroht hat :)

Da waere der Spielaufbau. Ein variabler "Plan" aus Hexfeldern, welche unterschiedliche Sternensysteme zeigen. Anzahl und Aufbau entsprechen exakt Siedler von Catan, nur die Wasserfelder rundherum fehlen. Da waeren die "Haefen": Handelswaren koennen generell im Verhaeltnis 5:1, mit speziellen Systemen 4:1 und auf einigen Hexfeldern 3 bestimmte Waren zu 1 getauscht werden... Kommt einem doch sehr bekannt vor. Dann haben wir den obligatorischen Startspieler, der ein Zufallsereignis am Beginn der Runde auswuerfelt und dann eine Rohstoffsammelphase einlaeutet (waehlbar).
Doch genug des sinierens ueber Siedlergemeinsamkeiten, zum tatsaechlichen Spielablauf:

Ziel des Spiels ist es, je nach Spieleranzahl eine bestimmte Anzahl von Siegpunkten zu erringen. Diese erhaelt man fuer Diplomatie, Kolonien, Besiedelungen, Raumstationen und Forschungskarten.

In Phase 1 werden Rohstoffe ueber dem Handkartenmaximum von 10 Karten abgegeben. Die Phase kann man fast streichen, denn es kommt eigentlich nicht vor, dass ein Spieler so viele Karten hat bzw. kein Spieler wird sich "erwischen" lassen, da es genuegend Moeglichkeiten gibt, seine Karten vorher mehr oder weniger sinnvoll zu verbrauchen. Auf jeden Fall eine weitere Siedlergemeinsamkeit :)

In Phase 2 muss der Startspieler ein Zufallsereignis auswuerfeln. Es gibt immer ein Zufallsereignis und sie sind derartig unterschiedlich, dass das Spielgleichgewicht empfindlich gestoert wird. Neben harmlosen Ereignissen wie "Verlust einer Karte Medizin oder aller Karten Nahrung" gibt es Hammerteile wie "Deine Runde faellt aus"! Das ist mehr als aergerlich. In unserem ersten Spiel haben wir diese Zufallsereignisse mitten im Spiel in ihrer Auftauchchance reduziert, da sie das Spiel und den Spielfluss voellig kaputtmachen. Wir haben die Wahrscheinlichkeit des Auftretens gedrittelt und damit war es ertraeglich. Im zweiten Testspiel zu viert haben wir sie ganz weggelassen, da selbst ein geringeres Auftreten noch viel zu krasse Auswirkungen hat.

Phase 3 ist die Rohstoffphase. Im Gegensatz zu SvC wird nicht gewuerfelt, sondern der Startspieler erhaelt immer die gleichen Rohstoffe fuer sein Heimatsystem sowie die Rohstoffe einiger anderer Sternensysteme, auf denen er Besiedelungen, Kolonien oder Raumschiffe hat. Die anderen Spieler erhalten nur die Rohstoffe ihres Heimatsystems. Bestimmte Raumstationen gewaehren weitere Rohstoffe und in und um Plasmawolken kann Plasma gefoerdert werden. Insgesamt gibt es Titan (wichtig), Halbfertigerzeugnisse (wichtig), Medizin (relativ wichtig), Nahrung (rel. wichtig), Plasma (eher unwichtig) und Dirubedidum (voellig unwichtig :). Diese Phase ist uebrigens waehlbar, es gibt jedoch keinen einleuchtenden Grund, sie nicht stattfinden zu lassen, selbst wenn dadurch ein anderer Spieler gewinnen koennte, denn ohne sie hat man als Startspieler ueberhaupt keine Chance!

Phase 4 ist die Bewegungsphase: Der Startspieler darf ein Raumschiff kostenlos, weitere Schiffe gegen Nahrung und Dirubedidum (=D) bewegen, hier uebrigens der einzige Einsatz fuer "D". Bewegung der Raumschiffe ist zwar wichtig, aber prinzipiell kann man das "D" auch substituieren bzw. in der Runde vorher erhandeln oder ertauschen, es spielt also keine grosse Rolle.

Phase 5 ist die Konfliktphase, in der Objekte angegriffen und zerstoert werden koennen (nur Startspieler). Ein einfaches Kampfsystem mit Angriffsstaerke + 1w6 gegen Verteidigung + 1w6 regelt diese Konflikte. In beiden Testspielen kam es nicht zu Kaempfen, da es sich einfach nicht lohnt. Die Angriffe erfolgen mit Raumschiffen, deren Verlust den angreifenden Spieler extrem schmerzt. Da der Angreifer normalerweise stets schlechtere Chancen als der Verteidiger hat, ist ein Angriff reiner Selbstmord. Leider voellig unbrauchbar.

Phase 6 ist die Diplomatiephase (Startspieler). Hier werden sogenannte Diplomatiemarker in bewohnte Sternensysteme gelegt, die einen Siegpunkt bringen. Dazu wird gewuerfelt, bei einem Misserfolg koennen Rohstoffe quasi als Bestechung ausgegeben werden, um erneut wuerfeln zu duerfen. Ein beliebiges und nicht sehr innovatives System. Interessant hoechstens, dass man Diplomaten anderer Spieler aus seinen eigenen Systemen rausschmeissen kann.

Phase 7 ist die Handelsphase, es darf nur mit dem Startspieler getauscht werden Handel ist auch nur bei diplomatischem Kontakt moeglich (vereinfachte Darstellung, eigentlich etwas komplexer). Dass man beim Handel auch Forschungskarten (Entwicklungskarten, SvC!), Stationen und alles moegliche tauschen kann, ist an sich gut, es gibt den handelnden Spielern mehr Optionen. In 99% der Faelle werden jedoch wieder nur Rohstoffe getauscht, alles andere lohnt sich nicht. Selbstverstaendlich kann der Startspieler auch an seinen "Haefen" 5 bzw 4 oder 3 zu 1 tauschen (s.o.).

Phase 8 ist die Forschungsphase. Hier kann man gegen Ausgabe von gleichartigen Kartensets wuerfeln, ob man eine Forschungskarte erhaelt. Diese geben dann so etwas wie Angriff +1, Verteidigung +2 oder einmal zusaetzlich ein Raumschiff pro Runde bewegen. Naja! Nichts Neues und auch nicht besonders spannend, wenn auch einige der Karten maechtig sind, Siegpunkte sind natuerlich auch darunter :)

Phase 9 ist die Produktionsphase, danach endet der Spielerzug und die anderen Spieler haben begrenzte Reaktionsmoeglichkeiten, bevor der naechste Spieler Startspieler wird. In Phase 9 wird gebaut. Wie ueblich gibt es bestimmte Rohstoffkombinationen, fuer die man Raumschiffe, Raumstationen, Kolonien (Siedlungen :) und Besiedelung (Staedte :) bauen kann.

Danach koennen alle anderen Spieler noch einmal Raumschiffe mit Rohstoffen bewegen, Forschungskarten erwerben, Reparaturen (an Besiedelungen) durchfuehren oder "Gelaar" kaufen. Gelaar ist die Universalwaehrung des Universums, also goldgepresstes Latinum... Gelaar sind fuer das Spiel so gut wie ueberfluessig und werden nicht erworben, da lohnt es sich eher, zu forschen. Ausserdem sind sie viel zu teuer!

Kritik:

Bei den meisten Spielphasen wurden ja bereits kritische Anmerkungen gemacht.

Allgemein: Es wird behauptet, dass Strategie und Taktik Star Take dominieren und nur ein bisschen Glueck dazugehoert. Nach diesem Spiel moechte ich kein "Gluecksspiel" des Autors mehr spielen. Es stimmt einfach nicht. In Star Take wird definitiv wegen jedem "Sch..." gewuerfelt und das Ergebnis ist superentscheidend. Damit will ich nicht automatisch sagen, dass ich das schlecht finde, man sollte es nur nicht herunterspielen und Taktik und Strategie anpreisen, wenn eigentlich sehr viel Glueck eine Rolle spielt. Ansonsten nichts Neues, nichts wirklich Gutes, nichts richtig Schlechtes. Vielleicht macht man sich mal ein paar Stunden Muehe, aendert ein paar Sachen und bekommt ein auf die eigenen Wuensche zugeschnittenes Spiel, was sich m.E. aber trotzdem nicht lohnt.

Das Material: Nett und ordentlich, alles was man braucht in annehmbarer Qualitaet, auch wenn mein Vorbesitzer das Spielmaterial durch Zukaeufe (z.B. Papphexe) aufgewertet hat. Ich kann also kein 100% faires Urteil darueber abgeben. Immer beachten: Es handelt sich um einen Kleinverlag, also Pappe und Papier, keine Spielkarten und tolle Poeppel.

Spieldauer: Viel zu lang. Das Spiel wird nach X Runden eintoenig und dauert dann noch 2X Runden an. Wir haben sicher 3 Stunden gespielt und hatten wenig Spass dabei.

Zum Preis: Das ist das Problem, sozusagen der Hammer. Fast 100 DM fuer ein derartiges Spiel ist unverschaemt, selbst wenn man Fanprodukt, Kleinverlag etc einrechnet. Die Obergrenze ist 50 DM und selbst das ist eigentlich noch zu teuer. Ich wuerde mich gruen und blau aergern, wenn ich dieses Spiel fuer 98 DM erworben haette, bei 40-50 DM waere es zu verschmerzen. Star Take ist nicht wirklich gut. Und mit dieser Verkaufsstrategie werden Kunden verprellt, denn wer sich dieses Spiel fuer 98 DM gekauft hat, wird NIE wieder ein Spiel von G-Ork kaufen, selbst wenn dieses dann genial sein sollte.

Bewertung:

Ich fand Star Take nicht besonders gut. Leider hat der 4-Personen-Test ein noch schlechteres Ergebnis erbracht als mit drei Personen. Das Spiel dauert laenger und wird nicht besser. In unserer Gruppe war auch kein Spieler richtig begeistert, ein Spieler fand es furchtbar ("Siedler, nur ueberall schlechter"), ich fand es mangelhaft, ein weiterer Spieler "naja" und der vierte meinte zumindest "man kann es mal spielen". Ob das Anlass zu Hoffnung gibt, sei dahingestellt.

Meine Wertung:

Fuer 98 DM gibt es eine 5- (15% von 100) Fuer 40 DM gaebe es eine 4 (45% von 100) Mit drei Spielern liegt die Bewertung etwa 5% hoeher. Achja, es soll eine Erweiterung geben, davon kann man eigentlich nur abraten. Das Spiel dauert bestimmt 10 Stunden und alle langweilen sich toedlich.

Dieser Text darf weitergeleitet und auf Internetseiten veroeffentlicht werden, Aenderungen sind nicht erlaubt (Ausnahme Fehlerkorrektur :).

Ernst-Joachim Preussler, 17.04.99